Kommentar

Helden, Dramen, Propaganda: Das große Koalitionsepos "Krieg und Frieden" hat sein nächstes Zwischenhoch erreicht. Irgendwo in der undefinierbaren politischen Distanz zwischen härteren Strafen für jugendliche Gewalttäter und einem allgemein geltenden Mindestlohn hat sich die Berliner Zweckehe von Union und SPD auseinandergelebt.

Das muss so sein in Wahlkampfzeiten, darf man mit Fug und Recht behaupten. Dient der Waffenstillstand in Berlin doch der profilschärfenden Kriegserklärung in den Bundesländern. Frei nach dem Motto: Hier bin ich Wahlkämpfer, hier darf ich's sein. Doch die Abstimmungen in Hessen, Niedersachsen, Hamburg werden nicht die letzten sein auf dem Weg zur Bundestagswahl 2009. In der ersten Halbzeit der Großen Koalition schickten die Großkopferten wie Merkel oder Müntefering ihre Kettenhunde aus der Partei vor, wenn es galt, dem Gegner und Bündnispartner in einem die Grenzen aufzuzeigen. Nun haben selbst die Spitzen in Berlin ihre Regierungsmasken ab- und die Parteiuniform angelegt.

Das lässt sich schon am vulgären Ton ablesen, dessen sich auch der SPD-Fraktionschef Peter Struck befleißigt. "Die CDU kann mich mal", sollte nicht dem Mann über die Lippen kommen, der mit seinem ebenfalls vom schlechten Klima infizierten CDU-Kollegen Volker Kauder als Mehrheitsbeschaffer und Einpeitscher der Großen Koalition im Bundestag gilt. Und auch wenn es vorerst nur Wortgeklingel ist: Was hilft es dem Regierungsbündnis für Deutschland, wenn grundsätzliche und bereits verabschiedete Reformpakete wie Rente oder Gesundheit in Wahlkampfzeiten wieder aufgeschnürt zu werden drohen? Was heißt das für die anstehenden Verhandlungen über die Erbschaftssteuer oder die Online-Durchsuchung? In der Gemenge-, ja Gefechtslage im Landtagswahlkampf macht diese Koalition keinen regierungsfähigen Eindruck.