War es Rache? Bevor die Hatz auf die acht Ausländer begann, wurde ein schwer verletzter Deutscher im Ort gefunden.

Leipzig/Neu-Delhi. Die Hetzjagd auf acht Inder im sächsischen Mügeln hat parteiübergreifend einen Sturm der Entrüstung ausgelöst und zugleich die Debatte über Rechtsextremismus in Ostdeutschland neu entfacht. Während die Polizei weiter in alle Richtungen ermittelt, bezeichneten Politiker von CDU und SPD ausländerfeindliche Gewalt im Osten als ernst zu nehmendes Problem. Die Regierung in Neu-Delhi verlangte von der Bundesregierung entschlossenes Handeln zum Schutz seiner Staatsbürger und eine vollständige Aufklärung des Falls.

Die indische Botschafterin Meera Shankar äußerte sich zutiefst besorgt. Sie habe die Bundesregierung offiziell "darum gebeten, dass die deutschen Behörden Maßnahmen ergreifen, um dieses Thema anzugehen und künftige Vorfälle dieser Art zu verhindern", sagte ein Sprecher des indischen Außenministeriums.

Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), verurteilte den Überfall scharf: "Derartige Gewalttaten gegen ausländische Mitbürger sind abscheulich und dürfen nicht geduldet werden." Unionsfraktionschef Volker Kauder und der für den Aufbau Ost zuständige Bundesminister Wolfgang Tiefensee (SPD) riefen zu mehr Zivilcourage auf. "Menschen mit dunkler Hautfarbe haben in Ostdeutschland ein um ein vielfach höheres Risiko, Opfer eines Übergriffs zu werden als in Westdeutschland", sagte der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD). Der Vorsitzende des Vereins "Gesicht zeigen", Ex-Regierungssprecher Uwe-Karsten Heye, warnte abermals Menschen mit dunkler Hautfarbe vor Reisen nach Ostdeutschland.

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse sprach von einem "besonderen ostdeutschen gewalttätigen Akzent" beim Rechtsextremismus. Aber auch der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), zeigte Verständnis dafür, dass der Osten angesichts solcher Exzesse als fremdenfeindlicher gelte als Westdeutschland: "Die Zahl der ausländischen Mitbürger ist bei uns deutlich geringer, und trotzdem ist die Zahl der Aversionsakte sehr hoch." Auch Experten der sächsischen Jugendarbeit warnten vor rechten Gewalttätern, die auf Festen gezielt nach Opfern suchen würden. "Das können nicht nur Ausländer sein, sondern auch Leute, die einfach nur lange Haare haben", sagte Friedemann Bringt vom "Kulturbüro Sachsen".

Der Bürgermeister von Mügeln, Gotthard Deuse (FDP), sagte, es habe sich herausgestellt, "dass es wahrscheinlich keinen rechtsextremen Hintergrund gibt, sondern dass ausländerfeindliche Parolen gesagt worden sind". Seine These, es gebe keinen Rechtsextremismus in der Stadt, und der Vorfall sei Auswärtigen zuzuschreiben, stieß auf Kritik vor allem bei der SPD.

In Mügeln selbst dauerten die Vernehmungen der Beteiligten an. Die zwei Festgenommenen seien wieder auf freiem Fuß, sagte ein Polizeisprecher. Auch habe ein verletzter Inder das Krankenhaus inzwischen verlassen können. Am Wochenende hatte eine Gruppe von 50 jungen Deutschen acht Inder nach einem Streit beim Stadtfest durch den Ort gehetzt. Dabei waren die acht Inder zum Teil schwer verletzt worden, insgesamt gab es 14 Verletzte. Während der Hetzjagd wurden Parolen wie "Ausländer raus" gerufen.

Nach einem Bericht der "Bild"-Zeitung erscheint inzwischen ein Racheakt nicht ausgeschlossen. "Vor diesem Ereignis wurde in der Nähe des Marktes ein schwer verletzter Deutscher gefunden. Aufgrund dessen laufen die Ermittlungen weiter in alle Richtungen", sagte Ilka Peters, Sprecherin des Polizeipräsidiums Westsachsen, dem Blatt.