MÜNCHEN/HAMBURG. Nach Ministerpräsident Edmund Stoiber lehnt sich auch Bayerns Landtagspräsident Alois Glück (CSU) gegen Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) auf. Anlass ist das Betreuungsgeld für nicht berufstätige Mütter, die ihr Kind zu Hause betreuen und nicht in eine Kita schicken. Die CSU fordert, diesen Müttern 150 Euro monatlich zu zahlen. Glück scheut auch den offenen Streit mit von der Leyen nicht, deren "einseitige Orientierung" er nicht verstehen kann.

"Wahlfreiheit bedeutet nicht nur Krippenplätze, sondern auch Unterstützung für die Mütter und Väter, die staatliche Betreuungsangebote nicht in Anspruch nehmen", sagte Glück. "Wir dürfen als Volkspartei nicht außer Acht lassen, dass eine große Mehrheit der Eltern in Bayern die ersten Schritte ihrer Kinder ins Leben möglichst selbst prägen will. Es sollte niemand meinen, der Staat könnte besser als die Eltern entscheiden, was gut für die eigenen Kinder ist."

Als Vorsitzender der CSU-Grundwertekommission kann Glück für sich die Meinungsführerschaft der kleinen Unions-Schwester beanspruchen. Seine Kritik weist auf einen Konflikt hin, der nicht wie die Finanzierung zusätzlicher Krippenplätze im politischen Verteilungskampf beigelegt werden kann. Von der Leyens Vorschlag, den Daheimerziehenden Gutscheine auszuhändigen, zieht Glück ins Polemische: "Es kommt ja auch keiner auf die absurde Idee, das Kindergeld in Gutscheinen auszuzahlen." Und als müsste er die Familienministerin an die Geschäftsgrundlagen erinnern, zitiert er aus dem neuen CSU-Programm den Passus über die Familienpolitik: "Die Politik darf kein Familienmodell einseitig bevorzugen."

Glücks Kritik ist kein Einzelfall. Schon Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) hatte in einem Interview gesagt: "Ein Betreuungsgeld ist perspektivisch der richtige Weg." Es gehe darum, "die Familienarbeit der Erwerbsarbeit gleichzustellen und den Eltern wirkliche Optionen zu eröffnen", so das CDU-Präsidiumsmitglied. Das Geld müsse "natürlich bar ausgezahlt werden und nicht in Form von Gutscheinen".

Thüringen zahlt seit einem Jahr ein Landeserziehungsgeld, dessen Kern eine Betreuungsprämie ist. Danach erhalten Eltern je nach Kinderzahl zwischen 150 und 300 Euro vom Land. 150 Euro davon müssen allerdings bei einer Betreuung an die Kindertagesstätte oder die Tagesmutter abgegeben werden.

Auch Oskar Lafontaines Frau Christa Müller hatte von der Leyens Vorstellungen attackiert. In einem "Spiegel"-Interview sprach Müller von einem "Zwang zur Fremdbetreuung". Müller teilte die Bedenken vornehmlich konservativer Familienpolitiker, die bei den Kindern psychische Schäden sehen, deren Eltern beide Vollzeit arbeiten.

Dadurch geriet wiederum Christa Müller selbst unter Druck ihrer eigenen Partei. Auch wenn sie "nur" familienpolitische Sprecherin der Saar-Linken ist, so lösten ihre Äußerungen doch Verwunderung und Empörung aus: "Frau Müller befindet sich mit ihren Positionen jenseits von unseren Beschlüssen", sagte Katja Kipping, stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, gegenüber "Spiegel Online".