Behörden dürfen prüfen, wer wie lange in Ferien fährt. FDP-General Niebel: “Empfänger nicht unter Generalverdacht stellen.“

BERLIN/HAMBURG. Für Empfänger von Hartz IV ist der Sommer nicht unbedingt die angenehmste Jahreszeit. Selbst wer einen Urlaub geschenkt bekommt, muss fürchten, dass die Behörden ärgerliche Fragen stellen und möglicherweise sogar die Zahlungen kürzen. Wer in den Genuss von Vollpension oder gar "all inclusive" kommt, dem drohen Abzüge beim Lebensunterhalt. Diese Praxis ist den Behörden ausdrücklich erlaubt, wie aus einer Antwort des Arbeitsministeriums auf Fragen von FDP-Generalsekretär Dirk Niebel hervorgeht.

Auch wenn der Sprecher der Hamburger Arbeitsgemeinschaft SGB II, Rene Tollkühn, abwiegelt: "Wir fragen das nicht ab." So müssen sich Hartz-IV-Bezieher doch Nachforschungen gefallen lassen, wie lange sie in Urlaub fahren, wohin, welche Kosten entstehen und wer sie eigentlich trägt. Bis zu 21 Tage "Ortsabwesenheit" im Jahr sind erlaubt. Allerdings muss jeder Bezieher von Arbeitslosengeld II dem Arbeitsmarkt im Prinzip immer zur Verfügung stehen und den Arbeitsvermittler informieren, wenn er auch nur einen Tag verreist.

Hamburgs Arge-Sprecher Tollkühn sagte: "Grundsätzlich ist Einkommen anzuzeigen." Zwar würden Geschenke grundsätzlich nicht angerechnet. "Aber Bares oder beispielsweise ein Autogeschenk spielen eine Rolle." Das Misstrauen der Behörden gegenüber den Hartz-IV-Beziehern scheint gewaltig. Mitarbeiter berichten davon, dass sie in vielen Fällen Schwarzarbeit bei ihren Kunden vermuten. So heißt es auch verschlüsselt in der Antwort des Ministeriums auf die Niebel-Fragen: "Daher können (. . .) teure Auslandsreisen ggf. einen Hinweis auf nicht angegebene Vermögenswerte und Einkommensquellen geben."

Hamburgs Arge-Sprecher Tollkühn meint diplomatisch: "Wenn ein Kunde Leistungen abruft und dann nach Amerika fährt, kann der Sachbearbeiter fragen, woher er das Geld hat." FDP-General Niebel spricht sich auch dafür aus, dass Missbrauch von Sozialleistungen verhindert wird. "Aber die Empfänger dürfen nicht unter Generalverdacht gestellt werden", sagte er dem Abendblatt. "Kost und Logis eines Urlaubsaufenthalts als Einkommen zu bewerten und in der Folge die Leistungen zum Lebensunterhalt zu mindern ist inakzeptabel. Der bürokratische Prüfungsaufwand steht in keinem Verhältnis zum Ertrag."