Die Familienministerin zum Gutschein-System der Hansestadt: Es hat zum Wettbewerb um das beste Angebot geführt.

Berlin. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) hat in der Diskussion um eine Verbesserung der Kinderbetreuung für ein Gutscheinmodell nach dem Vorbild Hamburgs geworben. Im Rahmen einer familienpolitischen Bundestagsdebatte forderte sie am Freitag die Bereitschaft ein, neue Wege zu gehen und neue Konzepte auszuprobieren.

Die Ministerin appellierte an die Abgeordneten, sich das Hamburger Gutscheinsystem anzuschauen. Nicht eine Kommune entscheide dort über die Angebote, sondern die Familien könnten sich für stundenweise oder tageweise Betreuung in verschiedenen Einrichtungen oder bei einer Tagesmutter entscheiden, sagte sie. Dies habe zu einem Wettbewerb um das beste Angebot geführt. Dies "muss doch unser Ziel sein", sagte von der Leyen. Das Gutscheinsystem sei genau so einfach zu handhaben wie die Bonuskarte im Kaufhaus oder an der Tankstelle.

In Hamburg hat jedes Kind bis 14 Jahre Anspruch auf eine Betreuung, wenn beide Eltern (oder der allein erziehende Elternteil) berufstätig sind, studieren oder sich aus- und weiterbilden. Der Umfang der Betreuung richtet sich nach dem arbeitsbedingten Bedarf und kann bis zu zwölf Stunden täglich betragen. Darüber hinaus hat jedes Kind ab drei Jahren bis zum Schuleintritt Anspruch auf täglich fünf Stunden Betreuung in einer Kita. Die Gutscheine erhalten die Eltern, um damit die von ihnen ausgesuchte Kita zu "bezahlen". Die Kita bekommt Geld für jeden Gutschein.

Die Grünen-Bildungspolitikerin Krista Sager zeigte sich erfreut darüber, dass "jetzt auch die Union auf Bundesebene ein Gutscheinmodell befürwortet". Die in der Funktion vergleichbare, von den Grünen entwickelte Kinderbetreuungskarte habe dazu den Vorteil, dass das Geld des Bundes über die Eltern verfassungskonform direkt in die Kinderbetreuung fließen könne, sagte sie. Darüber hinaus würden alle Länder unabhängig vom Ausbaustand gleich behandelt. Das Grünen-Konzept sieht des Weiteren einen Rechtsanspruch auf Betreuung ab dem ersten Lebensjahr vor. Darüber hinaus würden alle Länder unabhängig vom Ausbaustand gleich behandelt.

Gleichzeitig kritisierte Sager die Schwächen des Hamburger Gutscheinsystems. "Dadurch, dass die Ganztagesbetreuung an die Berufstätigkeit beider Eltern geknüpft ist, sind in Hamburg gerade die Kinder, für die eine frühe Förderung wichtig ist, benachteiligt", sagte sie. In den sozialen Brennpunkten der Stadt sei die Ganztags-Betreuungsquote seit Einführung des Gutscheinsystems Im Jahr 2002 um ein Drittel gesunken, sagte sie dem Abendblatt. Im Bereich der Krippenbetreuung würden in benachteiligten Stadtteilen ein Drittel weniger Kinder betreut als im Übrigen Hamburg. "So darf man es nicht machen. Es geht nicht um bloße Unterbringung, sondern um frühe Förderung" so Sager. "Wenn man ein Gutscheinsystem bundesweit einführen will, muss man aus dem lernen, was in Hamburg schief gegangen ist", betonte sie.

Als "absurd" und "lebensfremd" bezeichnete Sager das vor allem von der CSU geforderte Betreuungsgeld für Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen. "Das ist Symbolpolitik für die, die es gar nicht nötig haben", sagte sie. In der Debatte griff sie dabei insbesondere den CSU-Familienpolitiker Johannes Singhammer an. Er sei wie ein Kleingärtner, der darauf bestehe, seinen Rasen mit dem Schlauch zu sprengen während nebenan das Nachbarhaus brenne, sagte sie.

Die Ministerin versicherte, der Bund werde den Ausbau der Betreuungsplätze für unter Dreijährige bis 2013 mit vier Milliarden Euro mitfinanzieren. Sie ließ aber offen, wie das Geld aufgebracht werden soll. FDP und Grüne verlangten ein Finanzierungskonzept innerhalb der nächsten zwei Wochen. "Viele junge Eltern möchten endlich wissen, wann es losgeht", sagte Sager. Von der Leyen müsse endlich "in die Puschen kommen".