Kommentar

Jetzt ist sie also da, die Einigung in Sachen Mindestlohn und Pflegereform. Sieben Stunden lang haben die Koalitionsspitzen darum gerungen. Und wie man hört, ging es dabei bisweilen nicht besonders freundlich zu.

Dass die Union einen einheitlichen gesetzlichen Mindestlohn nicht zulassen würde, war lange abzusehen. Dass sie der Ausweitung des Entsendegesetzes und der Modernisierung des Mindestarbeitsbedingungsgesetzes zugestimmt hat, ist aus Sicht der Arbeitnehmer zumindest als Teilerfolg zu werten. Wermutstropfen allein sind die relativ umständlichen Verfahren zur Einführung von branchenspezifischen Mindestlöhnen.

Die SPD stand in der Nacht zu Dienstag durch die aktuelle Vereinigung der Linken stärker unter Druck als jemals zuvor - und hatte sich nicht zuletzt deshalb im Vorfeld des entscheidenden Treffens auf die Maximalforderung versteift. Die Vorwürfe von Lafontaine & Co., die SPD setze sich nicht entschieden genug für Mindestlöhne ein, schmerzten die Sozialdemokraten. Die jetzt erreichte Teillösung hat deshalb einen doppelt bitteren Beigeschmack.

Zu Recht erbost ist die SPD allerdings über die Blockadehaltung der Union bei der Bekämpfung sittenwidriger Löhne. Nachdem CDU/CSU über Wochen hin angekündigt hatten, hier wollten sie die Dinge zum Besseren wenden, haben sie sich jetzt überraschend verweigert. Das ist wirklich enttäuschend.

Eines aber ist völlig klar: Mit ihrem kategorischen Nein zu dem von der SPD geforderten flächendeckenden Mindestlohn für alle hat die Union den Sozialdemokraten ein schlagkräftiges Wahlkampfthema beschert. Und dazu noch eines, bei dem die SPD die große Mehrheit der Deutschen hinter sich weiß.