Der Ausbau soll zwölf Milliarden Euro kosten. Wer was zahlt, ist noch unklar.

BERLIN. Die Spitzen der Großen Koalition haben sich grundsätzlich auf einen Ausbau der Krippenplätze geeinigt. SPD-Chef Kurt Beck sprach von einem "Durchbruch", CSU-Chef Edmund Stoiber lobte die Vereinbarungen zum Krippenplatzausbau als "Meilenstein". Allerdings ist die Finanzierung weiter offen. Keine Einigung gab es beim Thema Mindestlohn. "Das Große und Ganze ist unbefriedigend geblieben", sagte Vizekanzler Franz Müntefering (SPD). Beim Entsendegesetz habe es nur eine begrenzte Zusage der CDU/CSU gegeben, das Thema Sittenwidrigkeit von Löhnen werde völlig unterschiedlich gesehen. Der DGB sprach von einem "zutiefst enttäuschenden Ergebnis" der Koalitionsrunde.

Krippenplätze

In sechs Jahren soll für jedes dritte Kleinkind in Deutschland ein Platz in der Kinderkrippe oder bei einer Tagesmutter zur Verfügung stehen. Von 2013 an haben die Eltern auch einen Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Das bedeutet, dass die Eltern, die einen Betreuungsplatz suchen, diesen notfalls gerichtlich einklagen können. Der Rechtsanspruch ist Teil des SPD-Konzepts zum Ausbau der Kita-Plätze. Er war von der Union zunächst abgelehnt worden.

"Ab 2008 werden Eltern handfest spüren, dass sich die Situation verbessert hat", sagte Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU). Sie rechnet jetzt mit mächtigem Druck in den Kommunen, mehr Betreuungsplätze zu schaffen. Von der Leyen will nach eigenen Angaben zügig die Details für eine bessere Kinderbetreuung ausarbeiten: "Der Gesetzentwurf muss in 14 Tagen stehen fürs Parlament."

Für Familien, die ihre Kinder auch nach dem Auslaufen des Elterngeldes lieber zu Hause betreuen wollen, hat die Koalition auf Betreiben der CSU eine Art "Erziehungsbonus" ins Auge gefasst. Vorstellbar sei eine Höhe von 150 Euro pro Monat, sagte CSU-Chef Edmund Stoiber. Die Entscheidung darüber werde aber erst 2013 fallen, betonte SPD-Chef Kurt Beck.

Auch in der Kostenfrage für zusätzliche Krippenplätze herrscht noch keine Klarheit: Der geplante Ausbau des Betreuungsangebots bis 2013 soll rund zwölf Milliarden Euro kosten. Der Bund will davon vier Milliarden Euro tragen. Den Rest müssen Länder und Kommunen aufbringen. Entgegen den ursprünglichen Plänen der Familienministerin soll sich der Bund nicht nur an den Investitionskosten bis 2013 beteiligen, sondern auch an den Betriebskosten. Ob dies über eine Stiftung geleistet werden kann, wird weiter geprüft. Unklar blieb, woher der Bund das Geld nehmen soll. Unstrittig ist lediglich, dass ein Teil der Summe aus Einsparungen beim Kindergeld aufgrund des Geburtenrückgangs kommen soll.

Mindestlohn

Die CDU/CSU lehnte erneut die SPD-Forderung nach einem generellen gesetzlichen Mindestlohn ab. Allerdings gab es Anzeichen einer Annäherung. So zeigten sich die Vertreter der Union bereit, eine Ausweitung des Entsendegesetzes auf weitere Branchen mitzutragen. Nach dem Willen der Union müssten es allerdings weniger sein als jene zehn Branchen, die Arbeitsminister Franz Münterfering vorschlägt. Strittig blieb auch, ob solche branchenbezogenen Mindestlöhne wie von der SPD gefordert über eine staatliche Verordnung oder über einen Beschluss des Tarifausschusses von Arbeitgebern und Arbeitnehmern festgelegt werden sollen, wie es die Union will.

Einigkeit gab es darüber, dass sittenwidrige Löhne per Gesetz verboten werden sollen. Strittig ist die Ausgestaltung. Die Union will alle Löhne für sittenwidrig erklären, die um 30 Prozent oder mehr unter dem Tarifniveau oder den ortsüblichen Löhnen liegen. Die SPD will einen Grenzwert von 20 Prozent ansetzen. Dabei darf ein bestimmter Mindestlohn allerdings nicht unterschritten werden. Als Richtwert nannte Müntefering einen Betrag zwischen 1000 und 1100 Euro. Im Niedriglohnsektor wollen SPD und Union Geringverdiener von der Zahlung von Sozialabgaben befreien. Das betrifft jene, die zwischen 800 und 1300 Euro brutto monatlich verdienen und zusätzlich Arbeitslosengeld II beziehen.