Nur jeder vierte Genosse hält Kurt Beck für einen guten Kanzlerkandidaten. 63 Prozent wollen in die Opposition.

Berlin. Die SPD steckt in einer tiefen Krise, die Mehrheit der Genossen sehnt sich sogar nach der Opposition. Laut einer Forsa-Umfrage sind 58 Prozent der Parteimitglieder der Ansicht, die SPD habe in der Zusammenarbeit mit der Union die Prinzipien der Partei "verraten". Auch die Zahlen für Parteichef Kurt Beck sind verheerend. Nur 23 Prozent der befragten Mitglieder sehen in ihm den geeigneten Kanzlerkandidaten. 77 Prozent sind der Ansicht, dass die Bundestagswahl 2009 ohnehin schon verloren ist.

Die Forsa-Zahlen wurden vor der Landtagswahl in Bremen erhoben, bei der die Linkspartei mit 8,4 Prozent einen überraschend großen Erfolg verbuchen konnte und erstmals in ein westdeutsches Landesparlament einzog. Die Umfrage im Auftrag des "Stern" macht deutlich, wie wenig die Parteimitglieder ihrer Führung vertrauen. Nur 43 Prozent bewerten Kurt Becks Arbeit als Parteichef mit "gut", fünf Prozent sagen "sehr gut", aber 56 Prozent bezweifeln, dass Beck die Partei aus ihrer derzeitigen Krise führen kann.

52 Prozent der befragten Genossen glauben, die Arbeit in der Großen Koalition schade der Partei. Damit ist die Stimmung noch schlechter als im Jahr 2003, als der damalige Kanzler Gerhard Schröder seine Agenda 2010 mit den Hartz-IV-Reformen durchsetzte. Vor allem die Rente mit 67 und die geplante Unternehmenssteuerreform werden von einer deutlichen Mehrheit kategorisch abgelehnt - 62 Prozent.

Angesichts der miesen Stimmung sehnen sich viele Genossen auf die Oppositionsbänke. Beinahe zwei Drittel (63 Prozent) äußerten die Ansicht, die Partei müsse sich dort erst einmal wieder finden und regenerieren. Fast ein Drittel (29 Prozent) gab in der Umfrage zu Protokoll, in jüngster Zeit schon einmal darüber nachgedacht zu haben, das Parteibuch zurückzugeben. Vier Prozent der SPD-Mitglieder sind dazu so gut wie entschlossen. Und fast jeder zehnte Sozialdemokrat (neun Prozent) kann sich vorstellen, zur Linkspartei zu wechseln. Derzeit hat die SPD noch 560 000 Mitglieder, 170 000 weniger als im Jahr 2000.