Hamburg. Kaum ist die Gesundheitsreform verabschiedet, regt sich der Widerstand bei den Nicht-Regierungs-Organisationen. Sie verstehen sich als Lobby der Lobbylosen und richten ihr Augenmerk auf die Tücken des undurchschaubaren Gesundheitssystems. Transparency International (TI) übt scharfe Kritik am Zwangseinigungs-Projekt der Großen Koalition. Vor allem der geplante Gesundheitsfonds bereitet der Anti-Korruptionsorganisation Sorge: "Der Fonds dient zur Verschleierung von Geldflüssen", sagte Transparency-Vorstand Anke Martiny gegenüber dem "Hamburger Abendblatt Sonntags". "Dabei gehen durch Verschwendung und Korruption zwischen drei und zehn Prozent der Gelder im Gesundheitswesen verloren."

Bei einem Volumen von etwa 150 Milliarden Euro jährlich in Deutschland kommt dabei eine erkleckliche Summe zustande. Schon lange gilt der Gesundheitsfonds als "bürokratisches Monster" (Krankenkassen-Jargon), überflüssige Geldsammelanstalt (Opposition) oder schlicht als "Fehlentscheidung" (Sozialverband VdK). Ursprünglich von führenden Ökonomen entworfen und in den Niederlanden praktisch erprobt, soll der Fonds die Beiträge der Versicherten sammeln und an die Kassen weiterleiten. In diesen Topf kann man nach Bedarf Steuergelder gießen.

Doch das Idealbild der Wissenschaftler bekam im politischen Gezänk immer grässlichere Schattierungen. Selbst die Erfinder des Fonds, unter anderem die Professoren Jürgen Wasem (Essen) und Wolfram Richter (Dortmund) haben sich mittlerweile von der hierzulande gewählten Konstruktion verabschiedet.

Chipkarte kommt erst 2009

Transparency fordert derweil die rasche Einführung einer Chipkarte mit Foto für alle Patienten. Die elektronische Gesundheitskarte, die mit vielen technologischen und datenrechtlichen Problemen derzeit getestet wird, kommt nach allerlei Verzögerungen jedoch erst 2009.

So wird durch Scheinrechnungen, Rezeptmauscheleien und den alltäglichen Schmu mit Wunderpillen und medizinischen Hilfsmitteln wieder Zeit verschwendet im Kampf gegen den wuchernden Betrug im Gesundheitswesen. Pharmakologen wie der Bremer Peter Schönhöfer glauben, dass sich mehrere Milliarden jährlich sparen ließen, wenn man vor allem im Pharmabereich genauer hinsähe.

Transparency-Vorstand Martiny brachte die Idee einer zentralen Anlaufstelle zur Bekämpfung der Kriminalität im Gesundheitswesen ins Spiel: "In Großbritannien gibt es so etwas. Diese Stelle erwirtschaftet Millionen." In Deutschland hat allein die Kaufmännische Krankenkasse (KKH) im vergangenen Jahr in 864 Fällen Betrüger überführt und sich über eine Million Euro zurückgeholt.