KREUTH. In der dramatisch verlaufenden CSU-Führungskrise um Bayerns massiv bedrängten Ministerpräsidenten Edmund Stoiber dauert die Hängepartie an. Die Spitze der Landtags-CSU drängte Stoiber gestern in Wildbad Kreuth zunächst zu einem raschen Rückzug. Stoiber leistete bei einem stundenlangen Krisengespräch mit der gesamten Fraktion jedoch Widerstand gegen einen baldigen Rückzug.

Der CSU-Chef und die Fraktion wollen sich jetzt nach Angaben von Fraktionschef Joachim Herrmann auf einen "Grundkonsens" einigen. Herrmann dementierte einen Machtkampf. Viele Abgeordnete hatten aus Sorge vor weiterem Schaden für die CSU eine rasche Lösung gefordert.

"Es ist deutlich geworden, dass viele von Stoiber erwarten, dass er zum richtigen Zeitpunkt den Weg für die Erneuerung frei macht", hatte Herrmann am Mittag zunächst am Rande der Klausur gesagt. Stoiber hielt dagegen Teilnehmern zufolge eine sehr emotionale halbstündige Rede vor den rund 120 Abgeordneten und warb erneut für seine Spitzenkandidatur bei der Landtagswahl 2008. Wirtschaftsminister Erwin Huber sagte, Stoiber habe seine Worte bekräftigt: "Ich will, aber ich muss nicht."

Herrmann hatte vorher betont, der CSU-Chef selbst habe die Tür damit "einen Spalt breit" geöffnet. "Eine so aufgeregte Diskussion wie in den vergangenen Wochen können wir nicht noch ein Dreivierteljahr führen." Es gehe um die Zukunft Bayerns und der CSU, "dem haben sich alle anderen Ambitionen unterzuordnen".

Die Krisensitzung der Fraktion verlief laut Herrmann in einem "sehr guten Klima". Andere Teilnehmer sagten, die Debatte sei kontrovers, aber sachlich. Huber widersprach einem Bericht, Stoiber sei eine zweiwöchige Gnadenfrist bis zum Rücktritt eingeräumt worden, räumte aber ein, dass es "unterschiedliche Meinungen" in der Fraktion über die Spitzenkandidatur 2008 gebe. Eine deutliche Mehrheit sei aber dafür, die Gemeinsamkeit mit Stoiber für die künftige Arbeit herauszustellen.

Der CSU-Abgeordnete Jürgen Vocke verlangte: "Eine Entscheidung muss her. Egal, in welche Richtung." Andere Abgeordnete verwiesen auf die schlechte Stimmung an der Basis. "Ich bin der Meinung, dass das, was passiert, ein Drama ist und enormen Schaden verursacht", sagte Justizministerin Beate Merk.

Der als aussichtsreicher Nachfolgekandidat geltende Innenminister Günther Beckstein ließ offen, ob er Stoiber im Ministerpräsidentenamt folgen wolle: "Ich bin ja leider nicht mehr ganz jung", sagte er in Dresden.

Der Fraktionsvorstand verurteilte die Berichte über eine angebliche Liebesaffäre von Parteivize Horst Seehofer, der als Favorit für die Nachfolge Stoibers als CSU-Chef gilt. "Das Privatleben von Parteifreunden ist für uns tabu", so Hermann.