Hamburg. In seinen Texten war von "Blutrausch" die Rede und von "Amoklauf". Er schrieb "Ich weiß selber nicht woran ich bin, ich weiß nicht mehr weiter, bitte helft mir". Der Verfasser dieser beängstigenden Botschaften nannte sich "ResistantX" und veröffentlichte seine Texte vor mehr als zwei Jahren in einem anonymen Selbsthilfe-Forum im Internet. Hinter "ResistantX" verbarg sich vermutlich Sebastian B., der 18-jährige Amokläufer von Emsdetten.

Doch obgleich die Texte von den Betreibern der Seite gelesen wurden, sahen diese keinen Grund, die Polizei zu informieren. Man habe dies nicht als Ankündigung einer Straftat gewertet, sagte der Geschäftsführer der Webseite, Andreas Wimmer.

Ganz anders reagierten die Verantwortlichen von " jugendschutz.net". Die Inititative wurde 1997 von den Bundesländern gegründet und durchsucht das Internet nach "jugendschutzrelevanten Angeboten". Wie die Hannoversche "Neue Presse" berichtete, schrieben die Kontrolleure dem Betreiber eines Suizidforums, auf dem sich der Amokläufer Sebastian B. noch drei Wochen vor der Tat geäußert hatte, eine Abmahnung wegen der Verbreitung jugendgefährdender Inhalte. Auch damit aber wurde der Amoklauf nicht verhindert.

Bundesweit durchforsten staatliche Behörden das Internet nach gefährlichen Inhalten. Wie viele Beamte daran beteiligt sind und mit welchen Methoden sie konkret arbeiten, ist allerdings geheim. Bereits 1998 beauftragte die Innenministerkonferenz das Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden mit der Wahrnehmung von "anlassunabhängigen Recherchen in Datennetzen". Das BKA richtete einen eigenen Arbeitsstab ein.

Die Beamten überprüfen stichprobenartig Webseiten, Newsgruppen und Chatkanäle nach unzulässigen Inhalten wie Kinderpornografie oder der Aufforderung zur Begehung von Straftaten.

Mit spezieller Software können die Fahnder auch anonymisierte Absender aufspüren. Finden sich Hinweise, leiten sie ihre Informationen an die Landeskriminalämter weiter. "Mehr dürfen wir aus polizeitaktischen Gründen nicht sagen", erklärt Stefanie Anft, stellvertretende Pressesprecherin des BKA. 2005 kam es in 340 Fällen zu einer Anzeige.

Einige Landeskriminalämter, darunter Bayern und Niedersachsen, haben neben dem BKA noch eigene Arbeitsgruppen zum Aufspüren strafrechtlich relevanter Internetangebote eingerichtet. Bundesweit einmalig ist die Lage in Bayern. Hier recherchiert ein Beamter explizit in Suizidforen.

Enthalten Online-Angebote diskriminierende und gewaltlastige Inhalte, können sie auf Antrag einer Behörde auf den Index gesetzt werden. Jeder Internet-Nutzer, der darauf stößt, kann sich an die Polizei wenden. Innerhalb eines Monats prüft die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien die Seiten und kann sie für die Öffentlichkeit sperren. 2005 waren 135 Internetseiten betroffen.