Hilfen für Säuglinge und Kleinkinder entwickeln, Frühwarnsysteme aufbauen.

Berlin. Jessica, Kevin, Mehmet, Karolina, Dennis - die Liste der Kinder, die vernachlässigt, misshandelt und getötet wurden, wird immer länger. Nach Angaben von Unicef sterben in Deutschland pro Woche durchschnittlich zwei Kinder durch Vernachlässigung und Misshandlung. Um die Kleinsten besser zu schützen, hat Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) jetzt eine Reihe von Modellprojekten gestartet. "Wir können nicht alle Fehler vermeiden, aber wir müssen aus den Fehlern lernen und den Schutz von Kindern konsequent verbessern", sagte von der Leyen bei der Vorstellung von zwei Projekten am Freitag in Berlin. Dazu sei eine enge Verzahnung des Gesundheitssystems und der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort nötig. "Dies ist in erster Linie Aufgabe der Länder und Kommunen - doch der Bund will die Erfahrungen aus den Modellprojekten auswerten, neue Forschung vorantreiben und die flächendeckende Einführung dieser Lernschritte unterstützen", so die Ministerin. Insgesamt stellt die Bundesregierung zehn Millionen Euro bereit, um Hilfen für Säuglinge und Kleinkinder zu entwickeln und Frühwarnsysteme aufzubauen.

Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Bayern und Thüringen haben das Projekt "Guter Start ins Kinderleben" aufgelegt. Darin sollen vorhandene Hilfsangebote besser vernetzt, gemeinsame Sprachregelungen getroffen und einheitliche Risiko-Definitionen gefunden werden.

Das zweite Modellprojekt "Pro Kind" startet in Niedersachsen. Auch Bremen und Sachsen signalisieren Interesse. In diesem Projekt soll ein erfolgreicher Ansatz aus den USA für Deutschland angepasst werden. "Dort hat sich gezeigt, dass jeder in die Säuglings- und Kleinkindhilfe investierte Dollar in den Folgejahren Kosten von vier Dollar einspart", sagte der Kriminologe Christian Pfeiffer, der dem Projekt vorsteht. Betreute Kinder kämen halb sooft ins Gefängnis, auf Sonderschulen oder in Heime wie unbetreute; sie würden seltener abhängig von staatlichen Leistungen oder Drogen. In diesem Projekt sind bei Erstgebärenden in sozialen Problemlagen über einen Zeitraum von zwei Jahren 71 Hausbesuche vorgesehen.

Der Forderung nach einem Bundesgesetz, das die Teilnahme an Vorsorgeuntersuchungen verpflichtend vorsieht und Sanktionen ermöglicht, erteilte von der Leyen eine Absage. "Prävention ist ganz klar Ländersache", sagte sie. "Wenn die Länder das wollen, sollen sie das einführen. Die Instrumente dafür haben sie." Es gebe aber keinen Beleg für den Nutzen von Sanktionen. "Leistungskürzungen helfen den Kindern überhaupt nicht", sagte sie.