Hamburg. Flottendienstboot ist ein schöner Begriff. Vor allem, weil sich - anders als beim Zerstörer oder Minensucher - niemand so recht vorstellen kann, was ein Flottendienstboot eigentlich macht. Offiziell lautet die Formulierung: "Zu den Aufgaben der Flottendienstboote zählen die Sicherheit und das Aufrechterhalten der Fernmeldeverbindungen sowie die fernmelde-elektronische Aufklärung". Im Volksmund heißt so ein Fahrzeug Spionageschiff.

Die drei Flottendienstboote "Oste", "Oker" und "Alster" gehören formal zum 1. U-Bootgeschwader mit Standort Eckernförde und sind tatsächlich in Kiel stationiert. Es ist allerdings ein seltener Anblick, alle drei dieser 83,5 Meter langen Schiffe im Hafen an der Förde zu sehen. Wenigstens eines von ihnen ist immer unterwegs. Die Schiffe wurden 1988 und 1989 in Dienst gestellt und verfügen über hochmoderne elektromagnetische, hydroakustische und elektrooptische Ortungsgeräte. Die Reichweite von mehr als 5000 Seemeilen legt lange Aufklärungseinsätze nahe.

Die Aufgabe ist in erster Linie, die Ohren aufzusperren. Dafür haben die Flottendienstboote eine spezielle Besatzung an Bord. Die jeweils 40-köpfige Marinebesatzung fährt die Schiffe nur. Genutzt werden sie von 40 Spezialisten des Kommandos strategische Aufklärung der Bundeswehr in Rheinbach. Sie sind als heimliche Nachrichtensammler an Bord.

Genau damit war die "Alster" vermutlich beschäftigt, als sie von den israelischen F-16 überflogen worden ist. Das Schiff gehört offiziell nicht zum UNIFIL-Verband, der vor dem Libanon im Einsatz ist und den Waffenschmuggel der Hisbollah über See unterbinden soll. Es gehört nicht zur internationalen UNIFIL-Task-Force. Zur deutschen Task-Group, also dem deutschen Anteil am Gesamtverband, gehört der Lauscher nach Informationen des Abendblatts schon. Nur dass die "Alster" nicht mit dem Marinemusikkorps in Wilhelmshaven verabschiedet wurde, sondern leise aus Kiel auslief. Und dies auch schon Anfang September. Der Verteidigungsausschuss des Bundestags wurde darüber auch in nicht öffentlicher Sitzung informiert.

Fraglich ist allerdings immer noch, wie es zu dem Zwischenfall mit der israelischen Luftwaffe kommen konnte. Intern werden vor allem zwei Szenarien diskutiert. Das erste klingt harmlos: Danach haben die israelischen Jagdbomber so etwas wie eine heiße Begrüßung inszeniert, die deutschen Waffenkameraden willkommen geheißen.

Das zweite ist weniger harmlos. Danach hat Israel demonstriert, wer in der Region die Lufthoheit hat und dass keinerlei Aktivitäten vor der Küste laufen können und dürfen, die von Jerusalem nicht gebilligt sind. Dies gilt auch für unbewaffnete Schiffe wie die "Alster", zumal deren Fachleute sicherlich nicht nur libanesische Funkgespräche abhören, sondern alles aufzeichnen, was in der Umgebung über- und unter Wasser vor sich geht. Für diesen Fall war der Überflug eine ausdrückliche Warnung Israels.

Ob die Aktion der Israelis tatsächlich auf einen Hubschrauber der deutschen Marine konzentriert war, der angeblich in der Nähe herumflog, ohne bei der israelischen Luftüberwachung gemeldet zu sein, gehört zu den Rätseln dieses Zwischenfalls. Israel hatte zunächst angegeben, die Jets hätten den Hubschrauber zur Landung gezwungen. Doch die "Alster" hat gar kein Hubschrauber-Landedeck. Zwar hatte die Marine einen Hubschrauber in der Luft, doch der war rund 70 Kilometer von der "Alster" entfernt. An Bord der Befehlshaber des Verbands, Flottillenadmiral Andreas Krause.