BERLIN. Muslimische Verbände in Deutschland haben sich mit Nachdruck von Terror und Gewalt distanziert. "Mit Entsetzen und tiefer Abscheu" verurteile man die versuchten Bombenattentate, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung mehrerer Verbände, die am Freitag in Köln veröffentlicht wurde. Unterzeichner sind 16 Organisationen, darunter die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), der Islamrat für die Bundesrepublik Deutschland, der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) und auch die vom Verfassungsschutz beobachtete Islamische Gemeinschaft Milli Görüs.

Die Muslime sprachen nach den Debatten der vergangenen Tage vom "Eindruck eines Generalverdachts". Sie seien "doppelt betroffen" von den jüngsten Ereignissen, hieß es. "Einerseits sind wir als Teil der Gesellschaft ebenso ein potenzielles Ziel von Anschlägen wie alle anderen Mitbürger auch, andererseits müssen wir verstärkt darunter leiden, von vielen als ,Mitschuldige' betrachtet zu werden."

"Nicht die Muslime sind das Problem, sondern Muslime sind Teil der Lösung", sagte ZMD-Generalsekretär Aiman A. Mazyek. Die Muslime seien verängstigt. Vor allem nach den Kofferbomben-Funden habe es vermehrt Droh- und Schmäh-Briefe gegeben. "Das ist sehr besorgniserregend." Man verwahre sich dagegen, dass Terror mit dem Islam gerechtfertigt werden solle. "Die mutmaßlichen Täter finden im Islam keine Rechtfertigung für solche Taten", hieß es weiter in der Erklärung. Die Verbände boten ihre Zusammenarbeit bei der Abwehr terroristischer Gefahren an.

Die Organisationen mahnten zu einer sachlichen Auseinandersetzung in der öffentlichen Diskussion, damit sich der Eindruck eines Generalverdachts nicht verfestigte. Die Verbände appellierten zugleich an Politik und Gesellschaft, Kräften eine Absage zu erteilen, die angesichts der Bedrohungslage Freiheitsrechte beschneiden wollten. Alle gesellschaftlichen Kräfte unter Einschluss der Muslime müssten Konzepte entwickeln, um die Ursachen des Terrorismus an ihrer Wurzel zu bekämpfen. "Vorhandenes Unrecht kann eine Erklärung, jedoch niemals eine Rechtfertigung für solche menschenverachtenden Taten sein", betonten sie.

Sprecher der Organisationen beklagten auch, dass es noch keine vernünftigen Integrationskonzepte gebe. Den Muslimen in Deutschland fehle Anerkennung. Sie wünschten sich die Aussage, dass sie Teil der Gesellschaft seien. Diese Probleme sollen beim Islam-Gipfel, zu dem Innenminister Wolfgang Schäuble im September die islamischen Organisationen eingeladen hat, besprochen werden.