Gipfel: Bundeskanzlerin Angela Merkel bittet zum Gespräch in Berlin

Seit 2005 ist Armin Laschet (CDU) in Nordrhein-Westfalen Minister für Integration, Generationen, Familie und Frauen. Auf dem Integrationsgipfel am Freitag wird der einzige Integrationsminister Deutschlands seine Erfahrungen in Berlin vorstellen.

ABENDBLATT: Kann bei dem Gipfel mehr herauskommen als bloße Absichtserklärungen?

ARMIN LASCHET: Ich finde, es bedeutet schon viel, daß dieser Gipfel überhaupt stattfindet. 1955 hat Bundeskanzler Konrad Adenauer erstmalig ein Zuwanderungsabkommen mit Italien abgeschlossen. Seither hat sich im Kanzleramt auf höchster Ebene niemand mehr mit Integration und Zuwanderung beschäftigt. Insofern halte ich es für ein gutes Signal, daß die Bundeskanzlerin jetzt einlädt. Die Arbeit wird danach weitergehen. Konkrete Beschlüsse erwarte ich von dem Gipfel jetzt noch nicht.

ABENDBLATT: Weil die praktische Umsetzung in Ländern und Kommunen erfolgen muß?

LASCHET: Integration in Kindergärten, Schulen, Sprachförderung und Bildung, das sind Aufgaben, die von den Ländern geleistet werden müssen. Entschieden wird also letztendlich nicht in Berlin, sondern in den Ländern. Aber daß man die Maßnahmen koordiniert, ist sinnvoll. Die Bundeskanzlerin will alle Teilnehmer auf eine gemeinsame Linie verpflichten.

ABENDBLATT: Mit welchen Integrationsmaßnahmen haben Sie in Nordrhein-Westfalen gute Erfahrungen gemacht?

LASCHET: Wir haben verpflichtende Sprachtests für Kindergartenkinder ab vier Jahren eingeführt, um die sprachlichen Fähigkeiten bis zum Schulbeginn gegebenenfalls noch fördern zu können. Zu so etwas könnte man sich jetzt in Berlin durchaus verpflichten - und die Ergebnisse wären dann überprüfbar.

ABENDBLATT: Muß man von Zuwanderern mehr einfordern?

LASCHET: Natürlich, die Sprachtests stellen schon eine gewisse Verpflichtung dar. Jedoch hat die Sache zwei Seiten. Die Mehrheitsgesellschaft darf nicht ausgrenzen, aber die Zuwanderer selbst dürfen sich auch nicht abgrenzen. Beide Seiten sind hier gefordert.

ABENDBLATT: Können Sie sich auch Sanktionen für Integrationsunwillige vorstellen?

LASCHET: Ich würde jetzt bei diesem Gipfel nicht gleich schon wieder von Sanktionen oder Maßnahmen reden wollen. Das Einfordern sollte nicht am Anfang stehen, sondern am Ende. Viele Zuwanderer nehmen die Angebote gern an, besonders wenn es um ihre Kinder geht.

ABENDBLATT: Wie stehen Sie zu Leistungskürzungen oder Rückkehr in die Heimat, wie aktuell in der CDU als Sanktionen thematisiert werden?

LASCHET: Sanktionen sind nicht allein Thema der Union. Auch das SPD-Papier, das am Montag beschlossen wurde, ist noch voll davon. Es kommt immer darauf an, wie man darüber spricht. Natürlich ist der, der sich in allem verweigert, nicht mehr integrierbar. Aber das sind sehr wenige. Da muß man den Einzelfall genau prüfen. Von einem Zwanzigjährigen kann ich erwarten, daß er deutsch spricht. Wenn er es nicht lernen will, dann kann man das Arbeitslosengeld oder ähnliche Leistungen kürzen. Von einem sechzigjährigen Migranten, den man vor vierzig Jahren absichtlich aus den bildungsfernsten Schichten der Türkei hergeholt hat, kann man nicht verlangen, daß er Deutsch spricht wie ein Kind, das hier aufwächst.

ABENDBLATT: Wäre eine Kindergartenpflicht für Kinder aus Zuwanderungsfamilien sinnvoll?

LASCHET: Ein Pflichtkindergartenbesuch für Kinder ab drei Jahren ist derzeit einfach nicht finanzierbar. Man sollte mit vier Jahren testen, ob Sprachförderbedarf besteht und die Förderkurse oder den Kindergartenbesuch dann auch verpflichtend vorsehen.