Gesundheitsserie Teil II: Die Krankenkassen und ihre Einnahme-Probleme

Berlin. Zahlen Krankenversicherte künftig höhere oder niedrigere Beiträge oder zusätzlich mehr Steuern zur Finanzierung des Gesundheitswesens? Entschieden ist noch nichts. Wie aber ist das Einnahmesystem momentan organisiert?

Privat versus gesetzlich

In Deutschland existieren zwei grundverschiedene Versicherungssysteme - die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) und die private Krankenversicherung (PKV). Bei der Gesundheitsreform geht es vorrangig um die GKV. Hier sind 70 Millionen Menschen, also etwa 90 Prozent der Bevölkerung, versichert.

Wer ist mitversichert?

Die gesetzlichen Krankenkassen ziehen jährlich über 136 Milliarden Euro von 50 Millionen Mitgliedern ein, die Beitragszahler sind. Die übrigen 20 Millionen Versicherten sind über die Familienversicherung beitragsfrei mitversichert - Kinder und nicht berufstätige Ehepartner. Diese Mitversicherung ist ein wesentlicher Punkt, der die GKV von der PKV unterscheidet. Ein weiterer Punkt ist der "Kontrahierungszwang": Jede gesetzliche Krankenversicherung ist verpflichtet, neue Mitglieder aufzunehmen, unabhängig von ihrer Finanzkraft und ihrer gesundheitlichen Verfassung.

Gutes und schlechtes Risiko

Private Krankenversicherungen können die Mitgliedschaft verweigern. Das hat ihnen den - von ihnen bestrittenen - Vorwurf der Rosinenpickerei eingetragen. Sie lockten sogenannte "gute Risiken", junge, gutverdienende Arbeitnehmer aus der GKV, könnten aber "schlechte Risiken", krankheitsanfällige Bewerber ablehnen. Die Versicherungsprämien in der PKV richten sich nicht nach dem Einkommen, sondern nach Alter und Krankheitsrisiko.

Versicherungspflichtgrenze

Nicht jeder kann sich aussuchen, ob er in einer gesetzlichen oder in einer privaten Krankenversicherung Mitglied werden will. Das ist abhängig vom Einkommen. Es gibt eine Versicherungspflichtgrenze, die bei einem monatlichen Bruttoeinkommen von 3937,50 Euro liegt. Wer als Arbeitnehmer mehr verdient, kann freiwillig in der GKV bleiben oder in eine private Krankenkasse wechseln.

Beiträge nur bis 3562 Euro

Die Beiträge richten sich in der GKV nach der Höhe des Arbeitseinkommens. Beiträge werden in der GKV aber nur bis zu einem Einkommen von derzeit 3562,50 Euro monatlich erhoben und jeweils zur Hälfte vom Arbeitnehmer und vom Arbeitgeber finanziert. Bei Rentnern trägt die gesetzliche Rentenversicherung den Arbeitgeberanteil.

Warum die Kassen leer sind

Die Ankopplung der Beiträge an die Löhne ist nicht unproblematisch. So sind seit dem Jahr 2000 rund 1,7 Millionen sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse verlorengegangen. Das führt bei den Krankenkassen Jahr für Jahr zu Mindereinnahmen von drei bis vier Milliarden Euro. Außerdem wächst die Zahl der Älteren. Deren Renten und Versicherungsbeiträge sind in der Regel niedriger als die Einkommen und Beiträge der Erwerbstätigen. Prognosen zeigen, daß die beitragspflichtigen Einnahmen bis 2010 etwa um 1,5 Prozent steigen werden, Einkommen aus Vermögen und bei Unternehmen aber voraussichtlich um etwa 5,7 Prozent.

Steuern statt Beiträge

Deshalb denkt die Politik darüber nach, Beiträge und Löhne wenigstens etwas zu entkoppeln, um Arbeit nicht weiter zu verteuern. Beiträge könnten dann nicht nur auf Arbeitseinkommen, sondern auch auf andere Einkünfte erhoben werden, etwa auf Miet-, Pacht- und Zinseinnahmen. Wahrscheinlicher ist es aber, daß ein Teil der Gesundheitskosten künftig über Steuern finanziert wird. Im Gegenzug können dann die Beiträge gesenkt werden. Arbeit würde preiswerter.

Was die Kassen leisten

Die Beiträge werden von den gesetzlichen Krankenkassen eingezogen. Im Jahre 1991 gab es laut Bundesgesundheitsministerium noch 1209 Kassen, heute sind es noch 253 und nach Überzeugung aller Parteien noch immer deutlich zu viele. Der Leistungskatalog der Kassen ist zu rund 95 Prozent identisch. Trotzdem sind die Beitragssätze unterschiedlich hoch: Ein wesentlicher Grund ist die unterschiedliche Versichertenstruktur. Wer mehr gesunde Mitglieder mit hohem Einkommen hat, kann günstigere Beiträge anbieten als eine Kasse mit vielen kranken und einkommensschwachen Mitgliedern. Für einen finanziellen Ausgleich sorgt der Risikostrukturausgleich zwischen den Kassen, der allerdings auch als reformbedürftig gilt.

Morgen Teil 3: Krankenkassen, Ärzte, Krankenhäuser und der ewige Streit ums Geld