Kanzler im Bundestag ohne Unterstützung. Grüne lehnen Vorstoß ab. Im EU-Parlament stimmt auch SPD gegen Aufhebung des Embargos.

Berlin. Im Streit um die Aufhebung des EU-Waffenembargos gegen China wird es um Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) zunehmend einsam. Während Schröder gestern im Bundestag erneut für eine Aufhebung des Embargos plädierte, votierte das Europäische Parlament in Straßburg mit überwältigender Mehrheit dagegen - mit den Stimmen der Sozialdemokraten.

Auch im deutschen Parlament fand der Kanzler mit seiner Position gestern faktisch keine Unterstützung. Union und FDP kritisierten Schröders Embargo-Politik massiv. Der CDU-Außenpolitiker Wolfgang Schäuble warnte vor einem einseitigen Vorgehen der EU in der Embargo-Frage: "Es wäre verheerend, wenn die Europäer in einer solchen Lage einseitig den Amerikanern in den Rücken fallen." Auch die Grünen stellten sich gegen den Kanzler. Ihr außenpolitischer Sprecher Fritz Kuhn stellte klar, "daß wir zum jetzigen Zeitpunkt nicht für eine Aufhebung des Waffenembargos gegen China sind". Bei den Menschenrechten habe sich die Lage verschlechtert, auch Pekings Androhung militärischer Gewalt gegen Taiwan spreche dagegen. Schröders Haltung, durch ein Entgegenkommen den Öffnungsprozeß zu fördern, sei "falsch". Auch bei der Sondersitzung der SPD-Fraktion am Morgen stieß Schröder laut Teilnehmern auf breiten Widerspruch.

Im Bundestag blieb der Kanzler dann aber unbeirrt bei seiner Linie und nannte das Embargo "entbehrlich". "Das China von heute ist nicht mehr das China von 1989", sagte er. Damals war es zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens gekommen. Unverkennbar, so Schröder, gebe es Fortschritte bei Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten. China sei inzwischen ein "enormes politisches und wirtschaftliches Gewicht" zugewachsen. Er sehe es als seine Aufgabe an, ein solches Land in enger Partnerschaft zu halten. Deutsche Waffenexporte seien aber nicht geplant. Schröder: "Deutschland liefert keine Kriegswaffen, kann keine Kriegswaffen liefern und wird keine Kriegswaffen liefern."

Außenminister Joschka Fischer (Grüne), der vergangene Woche erklärt hatte, er habe in Sachen Embargo eine "skeptischere Haltung" als Schröder, scheute gestern die direkte Konfrontation mit dem Kanzler. Um einen europäischen Konsens zur Abschaffung des Embargos zu erreichen, müsse China sich bewegen. Fischer vermied aber eine Festlegung, ob er für oder gegen die Aufhebung des Embargos ist.

Außenminister Fischers Rede provozierte den FDP-Vorsitzenden Guido Westerwelle zu einer sofortigen Kurzintervention und der Frage an Fischer: "Sind Sie jetzt für die Aufhebung des Waffenembargos oder sind Sie dagegen?" Fischer konterte mit der Bemerkung: "Jede Antwort, die ich Ihnen jetzt gebe, wird selbstverständlich nicht zureichend sein für Sie."

Ähnlich wie Westerwelle warf Fischers Parteifreund Winfried Hermann vom linken Flügel der Grünen am Rande der Sitzung dem Außenminister vor, er sei " rumgeeiert". Fischer sei aber für die Grünen in der Bundesregierung.

Hermann sagte weiter, es schmerze, im Bundestag zu sitzen und die "richtigen Argumente von Westerwelle und Schäuble zu hören".

Westerwelle hatte Schröder unter anderem Scheinheiligkeit vorgeworfen und gesagt: "Menschenrechte seien keine Symbolik."

Ähnlich wie der FDP-Chef hatten auch Schäuble und CDU-Chefin Angela Merkel erklärt, nichts spreche dafür, daß eine "vorschnelle" Aufhebung des Embargos die deutsch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen positiv beeinflusse.

Das Europaparlament nahm gestern in Straßburg mit 431 gegen 85 Stimmen eine scharf formulierte Erklärung an, in der das Parlament nochmals die Beibehaltung des Embargos verlangte, das 1989 in Reaktion auf die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung in China verhängt worden war.

Das Europaparlament plädierte ferner für einen rechtlich verbindlichen Verhaltenskodex zur Regelung von Waffenexporten.