Satelliten-Ortung: Das System erleichtert die Polizeiarbeit, macht das Segeln sicherer und hilft bei der Altenpflege. Doch Datenschützer sind in Sorge.

Hamburg. Für den Frankfurter Verband für Alten- und Behindertenhilfe arbeiten nicht nur 1200 Menschen. Auch fünf bis sieben Satelliten kreisen stets im Dienst für den größten Anbieter von Sozialdienstleistungen in Frankfurt um die Erde. Diese Satelliten stehen im ständigen Kontakt mit Mobiltelefonen, die Demenz- und Alzheimerkranke des Verbandes bei sich tragen. Verläßt eine dieser Personen einen eingegrenzten Bereich, piepst das Handy, alarmiert die Zentrale und rettet dem Patienten so womöglich das Leben.

Möglich ist diese Art der Altenpflege durch das "Global Positioning System" (Weltweites Ortungssystem, GPS). Das System erlaubt es, Personen oder Gegenstände auf bis zu fünf Meter genau zu lokalisieren. Dafür wird einiger Aufwand betrieben: 28 Satelliten umkreisen in 20 200 Kilometer Höhe unablässig die Erde. Diese senden an einen Empfänger die sogenannten Bahndaten (Name, Position und Zeitpunkt, zu dem die Information abgesendet wurde). Daraus errechnet der Empfänger die Entfernung zum Satelliten und kann so im Abgleich mit weiteren Satelliten seine Position bis auf wenige Meter bestimmen.

Eingeführt wurde GPS 1973 unter dem Namen NAVSTAR ("Navigations System for Timing and Ranging", dt. "Steuerungssytem für Zeitberechnung und Entfernung") vom US-Verteidigungsministerium. Damals noch für rein militärische Zwecke. Heute hat GPS jedoch längst den kommerziellen Bereich erobert. So stechen die meisten Segler mit GPS-Navigation in See, auch Abenteuerurlauber begeben sich meist nur noch mit GPS-Sendern in unwirtliche Gegenden.

Möglich wurde das durch die verfeinerte Technik. Am Anfang waren GPS-Sender noch faustdick und sehr teuer. Heute sind sie 2,5 mal 2,5 Zentimeter groß. Kein Wunder also, daß der Ex-Terrorist der "Antiimperialistischen Zellen", Bernhard Uzun, die GPS-Sender an seinem Auto nicht fand. Die Polizei hatte sie dort versteckt und ihn so geschnappt.

Diese technische Entwicklung hat GPS-Anwendungen zur Alltäglichkeit gemacht. Die Satelliten-Überwachung der Bevölkerung hat auf diese Art schleichend zugenommen. Taschentüchergroße und nur rund 125 Gramm schwere tragbare GPS-Navigationsgeräte sind heute in vielen Autos selbstverständlich. Für Kinder gibt es eigene Armbanduhren, in denen GPS-Sender eingebaut sind und ständig mit dem Handy der Eltern Kontakt halten. Das Armband kann nur per Funksteuerung abgestreift werden. Die Bekleidungsindustrie plant laut dem Berliner Datenschutzbeauftragten Hansjürgen Garstka Kinderkleidung mit eingenähten GPS-Empfängern. So können Eltern sehen, wo sich ihre Kinder gerade aufhalten.

Die Polizei nutzt GPS in Deutschland seit 1992. Ein Gesetz regelt, daß der Aufenthaltsort verdächtiger Personen mit Hilfe von GPS ermittelt werden kann. Angeordnet wird eine solche Überwachung von der Staatsanwaltschaft beim Verdacht einer besonders schweren Straftat. Wenn die Maßnahme nach einem Monat verlängert werden soll, muß ein Richter zustimmen.

Dem Bundesverfassungsgericht und Datenschützern ist nicht entgangen, daß diese Technik große Fortschritte gemacht hat. Deshalb haben die Verfassungsrichter in ihrem Urteil gestern zur Rechtmäßigkeit von satellitengestützter Überwachung auch verlangt, daß die technische Entwicklung aufmerksam verfolgt werden müsse, um Mißbrauch zu vermeiden.

Hartmut Lubomierski, der Hamburger Beauftragte für den Datenschutz, macht diese Entwicklung große Sorgen. "Die Gefahr einer totalen Überwachung der Bürger ist real", sagte er dem Abendblatt. "Wir müssen genau aufpassen, daß wir nicht eines Tages den gläsernen Menschen bekommen." Denn nicht nur die Überwachung durch GPS ist Alltag: Mittels Kundenkarten, Kontenabfragen, DNA-Dateien oder Videoüberwachung werden ständig zumeist private Daten gesammelt und ausgewertet. Daran, so der Datenschützer, sei vor allem die private Wirtschaft schuld. Denn mit Kundenkarten und Lifestyle-Umfragen kämen Firmen sehr leicht an sensible Daten. Lubomierski rät den Bürger dabei zu mehr Vorsicht.