Erntehelfer: Bessere Motivation und Fachkenntnisse

Hamburg. 5,2 Millionen Arbeitslose hat Deutschland. Doch für Tätigkeiten zum Beispiel als Helfer bei der Spargelernte in der Landwirtschaft bevorzugen die Bauern ausländische Kräfte. Das Abendblatt erklärt, woran das liegt.

Warum vertrauen Spargelbauern lieber auf Ausländer? "Erntehelfer aus Polen haben eine lange Tradition und sind bei den Landwirten gern gesehen, denn sie sind überproportional motiviert", sagt Jürgen Goecke, Chef der Regionaldirektion Nord der Bundesagentur für Arbeit (BA). Viele von ihnen haben selbst kleine Höfe und verfügen über Kenntnisse, die deutsche Arbeitslose nicht haben. Motivierend wirken die Unterschiede im Lebensstandard. Rund 1000 Euro für einen Monat Arbeit nehmen sie bei einem Tariflohn von 5,50 Euro pro Stunde mit nach Polen. In dem neuen EU-Land viel Geld, mit dem sie Saatgut oder Hausbau finanzieren. "Die Landwirte haben zudem in diesem Jahr noch einen Rechtsanspruch, bis zu 85 Prozent der Arbeitskräfte aus dem Vorjahr wiederzubekommen", sagt Goecke.

Wie viele Ausländer kommen zur Saisonarbeit? "In Hamburg haben wir bisher für die kommende Saison etwa 400 Arbeitskräfte aus dem Ausland vermittelt, in Schleswig-Holstein sind es rund 5000", sagt Goecke. 2004 stellte die der BA unterstellte Zentralstelle für Arbeitsvermittlung rund 324 000 Arbeitserlaubnisse für Saisonarbeiter aus, davon 280 000 an Polen.

Sollten deutsche Arbeitslose zur Erntehilfe gezwungen werden? "Nein, wir müssen auch auf das Interesse der Landwirte achten, deren Ernte mit unqualifizierten Helfern auf den Feldern teilweise zu verrotten droht", sagt Goecke. Sanktionen gegen Spargelstecher-Verweigerer seien nicht sinnvoll. Individuell wird geguckt, ob jemand in Frage kommt. "Aber der Job ist mit hohen körperlichen Anforderungen verbunden, die nicht jeder leisten kann. Bei den Spargelstechern werden die seit Hartz IV verschärften Zumutbarkeitsregeln daher nicht angewendet."

Gibt es nach drei Monaten Hartz IV schon ein Resümee? Zur Zeit ermitteln die Mitarbeiter in den Arbeitsgemeinschaften noch das Profil der Arbeitslosen. Erst nach sechs Monaten soll Bilanz gezogen werden. "Allgemein haben wir den Eindruck, daß die Intensität der Jobsuche zugenommen hat", sagt Goecke. "Vor allem Ein-Euro-Jobs werden in der Breite stärker nachgefragt."

Welche Anreize könnten Arbeitslose zum Arbeiten bewegen? Bundesregierung und Opposition planen höhere Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose, die bisher bei maximal 130 Euro pro Monat liegen. "180 bis 200 Euro sollten es schon sein", sagt Goecke. Überlegt wird zur Zeit, eine seit Ende 2004 gestrichene Regelung wiederzubeleben. Arbeitslose, die einen Job in der Landwirtschaft aufnahmen, bekamen damals pro Tag einen Bonus von 12,78 Euro. Goecke: "So könnten wir auf dem Verwaltungswege neue Anreize schaffen."