SPD-Führung empört über Ex-Parteichef. Müntefering: Er ist “eitel und unsolidarisch“.

Hamburg. Der Konflikt zwischen der SPD und ihrem früheren Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine treibt dem Höhepunkt entgegen: Lafontaine forderte den Rücktritt von Bundeskanzler Gerhard Schröder. Dieser habe sich durch die Ergebnisse seiner Politik diskreditiert. "Wenn er Anstand im Leibe hätte, würde er angesichts seiner Zahlen zurücktreten", sagte Lafontaine dem "Spiegel".

Lafontaine, der 1999 überraschend als Finanzminister und SPD-Chef zurückgetreten war, fügte hinzu: "Wenn Schröder seine gescheiterte Politik bis zur nächsten Bundestagswahl fortsetzt, wird es eine neue linke Gruppierung geben mit dem Ziel, den Sozialabbau rückgängig zu machen. Diese Gruppierung wird dann von mir unterstützt werden." Er sehe diese Organisation "als eine Gruppe, die längerfristig eine erneute Sammlung der Linken versucht. Das Potenzial ist vorhanden."

Die im Juli aus Protest gegen Schröders Reform-"Agenda 2010" von Gewerkschaftern und Ex-SPD-Mitgliedern gegründete "Wahlalternative Arbeit und soziale Gerechtigkeit" verstand Lafontaines Äußerungen als Angebot zum Beitritt. Sprecher Klaus Ernst sagte: "Das finde ich gut, wenn Lafontaine sich dazu entschließt, heißen wir ihn besonders herzlich willkommen."

SPD-Parteichef Franz Müntefering reagierte empört auf Lafontaines Kritik. Dessen Verhalten sei "eitel und unsolidarisch". Der Saarländer versuche Schröder und die Politik der SPD zu diffamieren und nehme auch keine Rücksicht auf die SPD-Landesverbände, "die mitten im Wahlkampf stehen". Wer sich verhalte wie Lafontaine, "der hat dauerhaft den Anspruch verwirkt, verantwortlich für die Idee der Sozialdemokratie und für die deutsche sozialdemokratische Partei zu sprechen". Das Mitglied des SPD-Fraktionsvorstandes, Jörg Tauss, forderte Lafontaine zum Verlassen der SPD auf.

Vergangene Woche hatten bereits SPD-Mitglieder aus Nordrhein-Westfalen in einem per E-Mail versendeten Kettenbrief zum Sturz Schröders aufgefordert. Die SPD-Linke warnt davor, die Kritiker nicht ernst zu nehmen. "Die Parteiführung darf sich nicht täuschen und glauben, es sind nur einige Spinner, die so denken", sagte der Vizesprecher der Parteilinken, Detlev von Larcher. Im nordrhein-westfälischen Kommunalwahlkampf verzichten mehrere SPD-Kandidaten auf ihren Wahlplakaten auf das Parteilogo. Darunter ist auch Bonns Oberbürgermeisterin Bärbel Dieckmann.