Israelfeindliche Äußerungen des umstrittenen Abgeordneten stürzen Partei in schwere Turbulenzen. Möllemann unter Druck.

Berlin. Nur wenige Tage nach dem Mannheimer Jubelparteitag hat der nordrhein-westfälische FDP-Chef Jürgen Möllemann die Liberalen in schwere Turbulenzen gestürzt. Der Möllemann angelastete "Fall Karsli" kann nach Ansicht ranghoher Parteikreise "verheerenden Schaden" anrichten und die Autorität von FDP-Chef und Kanzlerkandidat Guido Westerwelle ramponieren. Doch Möllemann will an Karsli festhalten. Er sei "völlig uneinsichtig", heißt es in Berlin. Jetzt droht ihm eine Kraftprobe mit Westerwelle. Der Vorstand der nordrhein-westfälischen FDP will am 3. Juni in einer Sondersitzung erneut beraten, ob Karsli in der FDP bleiben darf. Jamal Karsli war früher Grünen-Politiker und ist nach wie vor Landtagsabgeordneter in Nordrhein-Westfalen. Der 45-jährige gebürtige Syrer fiel durch israelfeindliche Äußerungen und dabei durch eine als anstößig empfundene Wortwahl auf. Dennoch gehört er seit 30. April der FDP-Fraktion in Düsseldorf an. Die Liberalen in Recklinghausen hatten auf Betreiben Möllemanns am Mittwoch seine Aufnahme in die FDP beschlossen. Dagegen protestierte nicht nur der Zentralrat der Juden in Deutschland. Jetzt fegt auch ein Sturm der Entrüstung durch die FDP. Der langjährige FDP-Spitzenpolitiker Burkhard Hirsch trat in den Wahlkampf-Streik. Der frühere Bundestags-Vizepräsident schrieb an Möllemann: "Es tut mir Leid, nach einer Mitgliedschaft von 53 Jahren sagen zu müssen, dass ich mich bis zur Klärung der Angelegenheit nicht mehr in der Lage sehe, für die FDP zu werben." Karslis Aufnahme in die Partei halte er für einen "unerträglichen und empörenden Vorgang". Zuvor hatte bereits Hildegard Hamm-Brücher, die "Grand Dame" der Liberalen, ihren Austritt angedroht, falls Karsli in der FDP bleibe. Auch andere Spitzen-Liberale sind auf allen Zinnen. Der FDP-Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff will Karsli wieder aus der Partei kippen. "Es macht wenig Spaß, in diesen Tagen überall erklären zu müssen, ob in der FDP jetzt Platz für Antisemiten ist", erklärte er. Partei-Vize Rainer Brüderle sagte: "Dieser Mann hat in der FDP nichts verloren." Bayerns FDP-Chefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger monierte, Karsli habe in seiner Kritik an Israel eine Sprache gewählt, wie sie früher nur im NS-Organ "Stürmer" verwendet worden sei. Westerwelle hatte die Äußerungen als "in keiner Weise akzeptabel" bezeichnet. Karsli hatte der israelischen Armee "Nazi-Methoden" vorgeworfen und in der rechten Zeitschrift "Junge Freiheit" erklärt, eine "zionistische Lobby" diffamiere Kritik an Israel als antisemitisch. Möllemann verteidigte hingegen Karsli. Der sei kein Antisemit. Er habe sich für seine "missratenen Formulierungen" mehrfach entschuldigt und solle eine zweite Chance bekommen. Möllemann plädierte dagegen, Karsli wieder aus der FDP auszuschließen: "Mir sind keine Sachverhalte bekannt, die einen Ausschluss begründen würden." Zugleich attackierte er den Vizepräsidenten des Zentralrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman. Dieser "prügelt auf einen einzelnen Araber ein", anstatt sich um friedliche Verständigung im Nahen Osten zu kümmern, sagte er. Friedman hatte Karslis Aufnahme massiv kritisiert. Nicht wenige in der FDP hoffen, das Karsli zermürbt von der Kritik aus eigenem Antrieb die Partei wieder verlässt. Sollte der nordrhein-westfälische FDP-Vorstand seine Mitgliedschaft akzeptieren, wäre dies nach Einschätzung vieler Liberaler ein heftiger Dämpfer für Westerwelle. Die Bundespartei könnte noch ein Parteiordnungsverfahren gegen das ungeliebte Neumitglied anstrengen. Doch das würde sich hinziehen. Mitten im Wahlkampf wäre die FDP zudem durch einen schweren Hauskrach gehandicapt.