Sozialpolitiker für Nachbesserungen bei Arbeitslosengeld und Hartz IV. HWWI-Ökonom Straubhaar warnt.

Berlin/Hamburg. Eine Woche vor dem nächsten Wirtschaftsgipfel im Kanzleramt beginnen die Strategen von Parteien, Gewerkschaften und Wirtschaftsverbänden, ihre Forderungen aufzulisten. Vor allem die Rufe nach sozialen Hilfsmaßnahmen werden lauter. So machen sich bereits die arbeitnehmernahen Flügel von CDU wie SPD dafür stark, das Arbeitslosengeld I und Hartz IV zu erhöhen. Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU) forderte bereits die Anhebung des Schonvermögens auf bis zu 45 000 Euro für Empfänger von Arbeitslosengeld II. "Pro Lebensjahr müssen 700 Euro angerechnet werden", sagte Laumann der "Rheinischen Post". Derzeit liegt die Höchstsumme des Vermögens bei 250 Euro pro Lebensjahr. "Es ist verrückt, wenn wir Schutzschirme für Banken machen, damit die Sparbücher nicht entwertet werden, und zugleich einem Arbeiter, der seine Arbeit verliert, fast alles wegnehmen", so der Sozialpolitiker. Unterstützung bekommt er von dem SPD-Vorstandsmitglied Ursula Engelen-Kefer. Sie macht sich für Änderungen beim Arbeitslosen-geld I stark. "Wir sollten ALG I befristet bereits für Arbeitslose ab 45 Jahren 15 Monate zahlen und Arbeitslosen ab 50 für 24 Monate", sagte sie dem "Handelsblatt".

Gegen derartige Forderungen spricht sich der Pinneberger Bundestagsabgeordnete Ole Schröder (CDU) klar aus: "Es ist überhaupt nicht der Zeitpunkt, über höhere Sozialleistungen nachzudenken. Es geht vielmehr darum, dafür zu sorgen, dass die Menschen ihre Arbeit behalten", sagte er dem Abendblatt. Auch der Direktor des Hamburgischen Weltwirtschaftsinstituts (HWWI) Thomas Straubhaar warnt davor, den Appellen nach neuen Maßnahmen nachzugeben. "Die Forderung nach einem dritten Konjunkturpaket wird kommen. Ich hoffe jedoch, dass die Bundeskanzlerin standhaft bleibt und deutlich macht, dass ein drittes Konjunkturprogramm weder angebracht noch zielführend ist", sagte der Ökonom dem Hamburger Abendblatt. "Die Kanzlerin wird mit einem ganzen Blumenstrauß von Forderungen konfrontiert werden, vom Rettungsschirm für die Automobilindustrie über zusätzliche Gelder für Hartz-IV-Empfänger bis zu Rentenerhöhungen und Mehrwertsteuersenkungen", ist Straubhaar überzeugt. "Meine große Sorge ist, dass man im Kanzleramt von Konjunkturpolitik sprechen wird, aber Sozialpolitik meint. Deutschland hat bereits ein automatisches Konjunkturprogramm in Form der sozialen Sicherungssysteme", sagte der Ökonom. Diese würden hierzulande viel stärker wirken als beispielsweise in den angelsächsischen Ländern, speziell in den USA.

Der Hamburger Wirtschaftssenator Axel Gedaschko (CDU) mahnte in Hinblick auf den Wirtschaftsgipfel zu bedachten Handlungen: "Im Fokus unserer Anstrengungen müssen solche Maßnahmen stehen, die langfristig die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland erhöhen und nachhaltig Arbeitsplätze sichern", sagte er dem Abendblatt. "Dies muss Maßstab für alle Anstrengungen sein."