Die Bundesregierung will mithilfe der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken den Klimaschutz voranbringen. Zunächst soll...

Berlin. Die Bundesregierung will mithilfe der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid aus Kohlekraftwerken den Klimaschutz voranbringen. Zunächst soll die CCS-Technologie (englisch für Kohlendioxid-Abscheidung und -Lagerung) in drei Projekten in Wilhelmshaven (Niedersachsen), Hürth (Nordrhein-Westfalen) und Jänschwalde (Brandenburg) erprobt werden.

Einen entsprechenden Gesetzentwurf beschloss gestern das Bundeskabinett. Deutschland sei damit Vorreiter beim Umsetzen europaweiter Klimaschutzziele, sagten Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) bei der Vorstellung des CCS-Gesetzes. CCS könne zur Klimaverträglichkeit fossiler Brennstoffe führen, sagte Gabriel. Die Industrie reagierte positiv auf den Gesetzentwurf, von Umweltverbänden und der Opposition kam Kritik.

Bislang planen drei Energiekonzerne Pilotprojekte. RWE will in Hürth (Nordrhein-Westfalen) ein Kraftwerk errichten. Das Kohlendioxid solle über eine Pipeline nach Norddeutschland verbracht und dort gelagert werden, berichtete Gabriel. Vattenfall will im brandenburgischen Jänschwalde ein größeres Kraftwerk bauen. Bislang gibt es dort nur eine kleine CCS-Pilotanlage. Das Kohlendioxid soll in der direkten Umgebung eingelagert werden. E.on hat Wilhelmshaven als Standort für ein Kraftwerk mit CCS-Technik ausgesucht. Die Unternehmen müssen Gabriel zufolge die Kraftwerke, den Transport und die Speicherung des Klimagases selbst finanzieren. 30 Jahre nach Stilllegung eines Kohlendioxidspeichers geht die Verantwortung für den Speicher auf das jeweilige Bundesland über. Damit gehe der Bund über die Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie hinaus, die nur 20 Jahre vorsehe, sagte Guttenberg. Das Umweltministerium hat Gabriel zufolge ursprünglich für einen Zeitraum von 40 Jahren plädiert. Umweltverbände hatten im Vorfeld 100 Jahre gefordert.

Nach dem Gesetzentwurf werden die Unternehmen verpflichtet, die unterirdischen Speicher nach dem "anerkannten Stand von Wissenschaft und Technik" zu leisten. An das jeweilige Bundesland des Kraftwerkstandorts müssen die Konzerne einen "Nachsorgebeitrag" leisten, dessen Höhe in einer Rechtsverordnung noch festgelegt werden muss.

Im Jahr 2015 will die Bundesregierung die Erfahrungen mit CCS auswerten. Dann werde geklärt, ob CCS technisch und wirtschaftlich ein gangbarer Weg sei, sagte Gabriel. Von den gut 450 Millionen Tonnen Kohlendioxid-Ausstoß der emissionshandelspflichtigen Anlagen in Deutschland machen die Emissionen von Kohlekraftwerken rund 350 Millionen Tonnen aus.

Der SPD-Fraktionschef im brandenburgischen Landtag, Günter Baaske, begrüßte die Einigung im Kabinett. Brandenburg sei bei der Erforschung der Abscheidung von CO2 weltweit führend. Daher sei die Entscheidung für das Land von größter Bedeutung.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) forderte die Verabschiedung des CCS-Gesetzes noch in dieser Legislaturperiode. Das Gesetz sichere die notwendigen Investitionen der Unternehmen in die Pilotanlagen, sagte BDI-Hauptgeschäftsführer Werner Schnappauf. Die CCS-Technologie müsse weiterentwickelt werden, damit sie wirtschaftlich werde. Nach Einschätzung der Deutschen Umwelthilfe dient der Gesetzentwurf hingegen dem Erhalt hergebrachter Strukturen.