Ärzte wollen den Patienten Rechnungen schreiben. Die sollen sich das Geld von der Kasse zurückholen. Klingt einfach, ist aber kompliziert und würde das deutsche Gesundheitswesen völlig umkrempeln. Kassenchefs wehren sich im Abendblatt gegen die Pläne. Mit guten Gründen.

Hamburg. Einfacher und transparenter sollen die 140 000 Praxisärzte in Deutschland an ihre Honorare kommen. Die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) fordert deshalb, dass die Ärzte den Patienten eine Rechnung stellen, die diese dann auch bei den gesetzlichen Krankenkassen einreichen können.

Für die Ärztefunktionäre der KBV ist das eine Art Befreiungsschlag von den Vorwürfen, sie verteilten die Honorare falsch unter den Medizinern. Und es ist eine Abwehrreaktion auf die Forderung, das Verhandlungsmonopol der Kassenärztlichen Vereinigungen einfach aufzulösen.

Dennoch forderte der Vorstandschef der Kaufmännischen Krankenkasse (KKH), Ingo Kailuweit, im Hamburger Abendblatt "mehr Kreativität" von den Ärzteverwaltungen. Kailuweit, dessen KKH zu den Top Ten der Kassen zählt, sagte zu den direkten Rechnungen an Patienten: "Das ist utopisch. Jede Abrechnung würde 10 bis 20 Minuten dauern, die Verwaltungskosten wären immens."

Sein Kollege Norbert Klusen, Chef der Techniker Krankenkasse, sagte dem Abendblatt, "rein technisch" sei es möglich, direkt mit den Ärzten abzurechnen. Die KVen müssten sich aber generell mehr zum Dienstleister wandeln.

Die Ärztevertreter sind unter Druck, weil der Chef der KV Bayern, Axel Munte, massive Vorwürfe gegen die eigene Standesvertretung erhoben hat. "Unsere Organisation ist nur noch ein Sinnbild des gierigen Arztes", sagte Munte der "Süddeutschen Zeitung". Dieses Image stinkt den Ärzten selbst. Unter Praxismedizinern hat sich die "Aktion 15" formiert. Ihr Ziel: "Wir drücken die SPD auf 15 Prozent." Thomas Fix, Frauenarzt aus Lübbecke und Sprecher des Netzwerks, sagte dem Abendblatt: "Wir geben keine Wahlempfehlung für eine Partei ab, aber eine gegen die SPD, ihre Gesundheitsministerin Ulla Schmidt und die vorgeschobene Marionette Karl Lauterbach." Der SPD-Gesundheitspolitiker bereite einen verheerenden Umbau des Gesundheitswesens vor.

Die Gesundheitsministerin hat sich ebenfalls gegen eine Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigungen ausgesprochen. Sie sagte, sie kenne kein System in einem anderen Land, das besser sei als die Selbstverwaltung in Deutschland.

Schmidt ist der Gegenwind von den Ärzten bewusst. In Norderstedt etwa wollen sich die Hausärzte aktiv in den Bundestagswahlkampf einmischen. "Wir haben die Gesundheitspolitik der letzten Jahre gründlich satt", sagte der Hausarzt Svante Gehring. Es gehe nicht um höhere Honorare, sondern um den Schulterschluss mit den Patienten. Aber: Ab Mitte des nächsten Quartals sollen die Praxiszeiten wieder auf 20 Stunden gekürzt werden.

Daniel Bahr, Gesundheitspolitiker der FDP, sagte dem Abendblatt: "Als Liberaler ist man generell nicht begeistert von Pflichtmitgliedschaften und Körperschaften. Aber viele, die die Kassenärztlichen Vereinigungen abschaffen wollen, möchten in Wirklichkeit, dass entweder der Staat oder die Krankenkassen deren Aufgaben übernehmen. Das wollen wir nicht."