Wie bedeutet das Urteil grundsätzlich?

In Zukunft gilt das Prinzip Eigenverantwortung. Einen Betreuungsunterhalt bis zum 15. Lebensjahr des Kindes wird es künftig nicht mehr oder nur noch selten geben.

Ist nach dem Urteil ein Wegfall der Zahlungen für Alleinerziehende von Kleinkindern zu befürchten?

Nein. Die ersten drei Lebensjahre des Kindes bleibt der Betreuungsunterhalt erhalten. Danach wird der Einzelfall geprüft.

Welche Gründe kann es geben, damit der Unterhalt über drei Jahre hinaus verlängert wird?

Bei der jeweiligen Entscheidung geht es um das Wohl des Kindes. Wichtig ist, dass eine Betreuungsmöglichkeit gegeben ist. Eine Lehrerin hat andere Arbeitszeiten als eine Kassiererin oder eine Fabrikarbeiterin, die im Schichtdienst arbeitet. Und nicht jedem Kind ist es möglich, bis um 16 oder 17 Uhr in der Schule oder im Hort zu bleiben. In diesen Fällen wird das Gericht für einen Anspruch der Mutter entscheiden.

Welchen Spielraum haben die Gerichte bei ihren Entscheidungen?

Es gibt ein juristisches Hintertürchen: die sogenannte "überobligatorische Belastung". Sie tritt auf, wenn eine Frau durch Job und Kind übermäßig belastet ist, obwohl beispielsweise die Kita um die Ecke ist. Aber längst nicht jedes Gericht muss sich in dieser Hinsicht großzügig zeigen. "Deshalb könnte die Reform an der Realität vorbeigehen", befürchtet Eva Gerz, Fachanwältin für Familienrecht. Nämlich dann, wenn die Richter zu harte Urteile fällen und zu sehr im Sinne des Vaters urteilen. Gerz: "Vollzeit arbeiten und einen Haushalt mit Kind führen, das ist schon eine Belastung."

Werden Familiengerichte nun mit Klagewellen überschwemmt?

Es wird zumindest vermehrt zu Klagen kommen, weil das Urteil des BGH den Gerichten viele Details lässt, die jeweils zu klären sind.

Eine Mutter bekommt keinen Arbeitsplatz, obwohl sie sich bemüht. Hat sie dann noch Anrecht auf Unterhalt?

Wenn sie sich intensiv um eine Stelle bemüht und keine bekommt, ist eine Unterhaltspflicht gegeben. Allerdings muss sie nach einer bestimmten Zeit auch einen Job annehmen, der nicht ihrer Ausbildung entspricht.

Welchen Sinn hat ein Ehevertrag?

Ein Ehevertrag kann immer sinnvoll sein. Für Männer brachte er auch bisher schon den Vorteil, dass im Falle einer Scheidung festgelegt werden konnte, dass nur für das Kind Unterhalt gezahlt werden muss. Frauen könnten nun in einem Vertragswerk bestimmen, ob, wann und wie viel sie nach einer Trennung arbeiten müssen.