Wer entscheidet über meine Weiterbehandlung, wenn ich so schwer krank werde, dass ich nicht mehr sagen kann, was ich will? Noch ist gesetzlich nicht...

Berlin. Wer entscheidet über meine Weiterbehandlung, wenn ich so schwer krank werde, dass ich nicht mehr sagen kann, was ich will? Noch ist gesetzlich nicht festgelegt, wer in so einem Fall zuständig ist - Patientenverfügungen sollen Abhilfe schaffen. Darüber, wie sehr sich Ärzte und Betreuer künftig an diese Verfügungen halten müssen, debattierte gestern der Bundestag.

"In Würde sterben zu können, das sollte Ziel unserer gemeinsamen politischen Bemühungen sein", fasste der CDU-Abgeordnete Peter Weiß die Aufgabe der Politiker zusammen. Und der FDP-Mann Otto Fricke machte klar: "Es gibt dabei nicht ,die' richtige Antwort, aber wir haben die Pflicht, ,eine' Antwort zu finden." Drei verschiedene Gesetzesentwürfe werben derzeit um Mehrheiten. Dabei orientiert sich der Entwurf des SPD-Rechtsexperten Joachim Stünker am stärksten am Patientenwillen. Dieser soll unabhängig von der Art der Erkrankung gelten, sofern er in Schriftform vorliegt. Ein gerichtlich bestimmter Betreuer soll bei Bedarf überprüfen, dass der Wille des Kranken auf die entsprechende Situation zutrifft. "Es gibt keinen Automatismus", betonte Michael Kauch (FDP). Den Vorschlag unterstützt etwa Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD). Er wurde bereits im vergangenen März in den Bundestag eingebracht und gilt als am chancenreichsten.

Gestern wurden in erster Linie die beiden anderen Entwürfe diskutiert. Die weitestgehende Variante, die unter Federführung von Wolfgang Bosbach (CDU) ausgearbeitet wurde, sieht je nach Krankheit und Krankheitsphase eine unterschiedliche Verbindlichkeit der Verfügungen vor. Die "einfache" Form der Patientenverfügung könnte etwa eine unerwünschte Behandlung nicht verhindern, die zur Heilung führt. Eine "qualifizierte" Verfügung würde nur nach ärztlicher Beratung ausgestellt und vom Notar beglaubigt. Sie gilt uneingeschränkt, sofern sie nicht älter als fünf Jahre ist. Dies kritisierte unter anderem der SPD-Abgeordnete Christoph Strässer als Patientenverfügungen erster und zweiter Klasse.

Das dritte Konzept von Wolfgang Zöller (CSU) will Verfügungen "grundsätzlich verbindlich" machen, auch, wenn sie nur mündlich abgegeben wurden. Allerdings soll dabei der aktuelle mutmaßliche Wille des nicht mehr zu Äußerungen fähigen Patienten herangezogen werden. Ärzte, Betreuer und Angehörige sollen dazu ihre Einschätzung abgeben. Für dieses Modell macht sich unter anderem Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stark.

Als Nächstes wird es eine Anhörung von Experten zu den verschiedenen Gesetzesentwürfen geben. Es zeichnet sich bereits ab, dass es letztlich zu einem Kompromiss zwischen den Vorschlägen von Zöller und Stünker kommen dürfte. Damit würde eine Variante von Patientenverfügung gesetzlich festgeschrieben, die zwar auf den Weg zum Notar verzichtet, aber die Schriftform vorsieht und eine genaue Überprüfung der aktuellen Situation des Kranken zur Bedingung für Entscheidungen macht.