Die SPD hat ihren Widerstand gegen Steuerentlastungen im zweiten Konjunkturpaket aufgegeben. Parteichef Franz Müntefering sagte heute, man werde sie mitmachen - wenn es eben nicht anders gehe.

Die SPD hat ihren Widerstand - ebenso wie die CDU - gegen Steuerentlastungen im zweiten Konjunkturpaket aufgegeben. Parteichef Franz Müntefering sagte heute, man werde sie mitmachen, wenn es nicht anders gehe. Noch ist das 40 bis 50 Milliarden Euro teure Programm, das am Montag beschlossen werden soll, aber nicht in trockenen Tüchern. Die Haushaltsexperten schlagen Alarm.

Die von der CSU durchgesetzte Steuerentlastung soll nach dem Willen der Union 7,5 Milliarden Euro betragen, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten. Noch am Dienstagabend hatte SPD-Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier den Widerstand seiner Partei bekräftigt. Es sei unlogisch und unverantwortlich, in dieser Situation dem Staat Geld wegzunehmen, sagte er in der ARD.

Am Mittwoch lenkte Müntefering jedoch ein: "Wenn es bei der Union aus neurotischen Gründen nicht anders geht, dann muss man das eben machen", sagte der SPD-Vorsitzende zu Steuersenkungen. Dabei geht es laut "Süddeutscher Zeitung" aber nicht mehr um eine größer angelegte Steuerreform, sondern um kleine Schritte wie die Erhöhung des Grundfreibetrags auf rund 8.000 Euro und minimale Verschiebungen beim Eingangssteuersatz.

Neben den Steuersenkungen erwägt die Koalition eine Verringerung des Krankenkassenbeitrags sowie milliardenschwere Investitionen in die Infrastruktur - etwa Schulen, Hochschulen oder Straßen. Das Volumen von bis zu 50 Milliarden Euro gilt bis Ende 2010. Viele Bürger glauben offenbar aber nicht, dass das Programm viel nützt.

In einer Forsa-Umfrage für den "Stern" sagten 63 Prozent der Befragten, die Große Koalition werde nicht die richtigen Mittel gegen die Wirtschaftskrise finden. 32 Prozent der Befragten zeigten sich hingegen zuversichtlich. Linksfraktionschef Oskar Lafontaine meinte, die Koalition vertue Zeit mit Streit. Sie müsse nun endlich entschlossen handeln.

Die Konjunkturspritze soll weitgehend über neue Schulden finanziert werden. Deshalb regt sich nun Protest bei Haushaltsexperten. So warnte der CDU-Finanzexperte Michael Meister in der "Rheinischen Post" vor "hemmungsloser Schuldenmacherei". Der Euro-Stabilitätspakt, der nur eine Neuverschuldung von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts zulässt, müsse eingehalten werden. Alle zusätzlichen Ausgaben müssten befristet sein und eine Schuldenbremse ins Grundgesetz geschrieben werden. Ähnlich äußert sich sein Fraktionskollege Steffen Kampeter in der "Berliner Zeitung".

Diese Schuldenbremse - ein Vorschlag der Föderalismuskommission - ist nach Angaben von SPD-Fraktionschef Peter Struck in der Koalition Konsens. Unterstützung findet sie auch bei Ländern und Kommunen. Der Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, Gerd Landsberg, sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung": "Die Diskussion um weitere Steuergeschenke und höhere Sozialleistungen macht die Vorgabe unverzichtbar, dass der Staat grundsätzlich seine Ausgaben auch aus den laufenden Einnahmen finanziert." Landsberg forderte auch einen konkreten Plan zum Schuldenabbau ab 2013.

Der baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger hat bereits angekündigt, dass er im Bundesrat Steuersenkungen nur in Verbindung mit einer Schuldenbremse zustimmt. Der hessische Ministerpräsident Roland Koch (CDU), der Steuersenkungen lange abgelehnt hatte, kündigte in der "Frankfurter Rundschau" Unterstützung an: "Das zweite Konjunkturprogramm ist ein Kompromiss, mit dem ich umgehen kann."