Gut zwei Wochen vor dem Weltfinanzgipfel in London, bei dem sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf eine neue Ordnung der Finanzmärkte verständigen wollen, legen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel ihre Marschrichtung fest.

Hamburg/Brüssel. Gut zwei Wochen vor dem Weltfinanzgipfel in London, bei dem sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf eine neue Ordnung der Finanzmärkte verständigen wollen, legen die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union in Brüssel ihre Marschrichtung fest. Auf ihrem Frühjahrstreffen an diesem Donnerstag und Freitag versuchen sie auch, den Streit um das geplante Fünf-Milliarden-Konjunkturpaket der EU-Kommission zu lösen. Vor dem Gipfel erhöhte Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso den Druck auf die Mitgliedstaaten. "Für unsere Bürger ist jetzt wichtig, dass wir handeln", mahnte er im Hamburger Abendblatt. "Wir müssen das Konjunkturprogramm schnell und entschlossen umsetzen." Deutschland indes schloss ein Scheitern des Vorhabens nicht aus. "Entweder wird das jetzt auf dem EU-Gipfel gelöst - oder es verschwindet", hieß es in Berliner Regierungskreisen. Barroso rief eindringlich zu einer besseren Kontrolle der Finanzmärkte auf. "Wir brauchen ein europäisches Überwachungssystem, das vor Ablauf des kommenden Jahres etabliert ist", forderte er. "Das ist kein moralischer Kreuzzug, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit, um Krisen in der Zukunft zu vermeiden."

Für das Abendblatt formulierte Barroso in mehreren Thesen, worauf es in der Finanz- und Wirtschaftskrise jetzt ankommt:

Für unsere Bürger ist jetzt wichtig, dass wir handeln. Wir müssen das Konjunkturprogramm schnell und entschlossen umsetzen.

Beschäftigung hat für die Kommission höchste Priorität. So viele Menschen wie möglich müssen ihre Arbeitsplätze behalten, zum Beispiel, indem vorübergehende flexible Arbeitszeitmodelle finanziell unterstützt werden. Diejenigen, die ihren Job verlieren, müssen eine angemessene Unterstützung bekommen. Sie müssen den Kontakt zum Arbeitsmarkt behalten, etwa durch Weiterbildungsmaßnahmen.

Der von der Kommission vorgeschlagene Beschäftigungsgipfel im Mai muss konkrete Ergebnisse bringen. Der Gipfel wird sein Augenmerk auf die strukturellen Schwächen des Arbeitsmarktes richten und darauf, die sozialen Auswirkungen der Krise zu verringern. Er wird Teil eines Prozesses sein, um eine noch stärkere Übereinstimmung mit und zwischen den Sozialpartnern zu erzielen.

Wir müssen auch Maßnahmen umsetzen, damit Banken wieder Geld verleihen. Nicht für die Banker, sondern um die Realwirtschaft wieder zu beleben.

Wir müssen Reformen der Finanzmärkte umsetzen. Regulierung und Überwachung müssen ethisches Verhalten befördern. Das ist kein moralischer Kreuzzug, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit, um Krisen in der Zukunft zu vermeiden. Wir brauchen ein europäisches Überwachungssystem, das vor Ablauf des kommenden Jahres etabliert ist.

Es gibt einen beispiellosen Konsens über Grundsätze. Die Kommission hat klare Vorschläge auf der Grundlage des De-Larosière-Reports unterbreitet. Der Europäische Rat muss nun den Konsens in ein klares Mandat für die Kommission umwandeln, innerhalb der nächsten Monate detaillierte Maßnahmen vorzuschlagen. Und der Europäische Rat muss ein unzweideutiges Bekenntnis ablegen, dass die Mitgliedstaaten sich schnell auf die Maßnahmen verständigen.

Die Themen des Europäischen Rates sind also die Stimulierung der Konjunktur, die Rettung von Jobs und die Wiedererrichtung eines gesunden Bankensystems. Außerdem müssen wir dafür sorgen, dass die Finanzmärkte den Bürgern und der Wirtschaft wieder gute Dienste leisten. Dies sind auch die Hauptpunkte für den Weltfinanzgipfel in London, an den ich eine starke Botschaft senden möchte.