Colombine in den USA, Kauhajoki in Finnland, Erfurt in Thüringen und nun Winnenden in Baden-Württemberg. Namen auf der Welt der Schulmassaker, auf...

Colombine in den USA, Kauhajoki in Finnland, Erfurt in Thüringen und nun Winnenden in Baden-Württemberg. Namen auf der Welt der Schulmassaker, auf einer Karte des Entsetzens über das Monströse und Böse. Und wenn wir ehrlich sind, könnte auch Hamburg auf so einer Karte sein. Denken wir etwa an die kleine Jessica, die qualvoll in dieser Stadt verhungerte. Nicht vorstellbar, dass sich der Fall wiederholen könnte? Die Hamburger Polizei geht gerade einem schlimmen Verdacht nach.

Wieder trauern wir. Um die Opfer und mit ihren Angehörigen. Und sollte unser Mitgefühl nicht auch den Eltern des Amokläufers gelten? Inwieweit ihnen Vorwürfe zu machen sind, muss noch geklärt werden. Aber schon jetzt steht fest: Auch sie haben ein Kind verloren.

Zorn macht ungerecht. Trauer ist zunächst nur hilflos. Trauer ist die notwendige Zeit des Innehaltens, die wir uns alle nehmen sollten. Politiker, Journalisten, jeder von uns. Dann aber sollte Nachdenken einsetzen. Darüber, was geschehen ist, warum - und was jetzt passieren muss.

Amokläufe sind nicht die dunkle Seite von PISA, unsere Schulen kein Kampfgebiet wie der Hindukusch. Unsere Gesellschaft hat ein Gewaltproblem, und die Schule ist nur ein Ort, wo sich diese Gewalt entlädt. Die Gewalt entsteht vorher in den Köpfen. Weil einer vielleicht in der Schule nicht klarkam, im Beruf nicht Tritt fassen konnte. Nicht den Erfolg hatte, den er sich erträumt oder den die Eltern gewünscht hatten. Vielleicht waren ihm nicht die Werte vermittelt worden, die dann zu Rettungsringen für die Seele werden können. So einer beendet seinen Kampf mit sich und der Welt dann ausgerechnet in einem beschützten Raum wie einer Schule.

Trauer ist ebenso wie berechtigter Zorn ein zu seichtes Gewässer, um darin nach schnellen Lösungen fischen zu können.

Deutschland hat eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Einlasskontrollen, wie gestern schon gefordert, können nicht wirklich Massaker verhindern. Wir können unsere Schulen letztlich nicht zu Hochsicherheitstrakten machen. Die Forderung nach dem Verbot von Mord- oder Gewaltvideos werden wir gewiss auch bald hören. Aber verschwindet sie nicht in den Weiten des Internets, wo sich die Nutzer weltweit bedienen können?

Gewiss, man kann in dem einen oder anderen Bereich Stellschrauben, wie in Sachen Waffenrecht nach Erfurt bereits geschehen, nachziehen. Wir sind dabei, Kitas und Vorschulen zu verbessern, investieren Milliarden in Bildung, in Schulen und Lehrer.

Alles richtig. Alles wichtig. Aber die beste Erziehung zur Gewaltfreiheit findet in unseren Familien statt. Den Kindern die richtigen Werte zu vermitteln kann man nicht per Gesetz anordnen. Das müssen wir schon selber machen.