Der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, hat vor einer Wirtschaftskrise von beispiellosem Ausmaß gewarnt. Das Ausmaß der Krise sei “mit nichts zu vergleichen, was wir bisher erlebt haben“, sagte er dem Hamburger Abendblatt. Bundeskanzlerin Angela Merkel sieht Deutschland in der schwersten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Mit Bildern von Angela Merkel.

Berlin. Der Vizepräsident der EU-Kommission, Günter Verheugen, hat vor einer Wirtschaftskrise von beispiellosem Ausmaß gewarnt. "Wir sind in einer Krise, deren Tiefe und Ausmaß wir alle noch nicht kennen, sie ist mit nichts zu vergleichen, was wir bisher erlebt haben und es gibt keinen Königsweg zu ihrer Lösung", sagte Verheugen in einem Interview des Hamburger Abendblatts (Donnerstagausgabe).

"Ich mache mir größte Sorgen um diejenigen Länder, die schon heute zu den ärmsten gehören, ich mache mir Sorgen um neue globale Risiken für unsere Sicherheit", fügte der SPD-Politiker hinzu. Allerdings warnte der SPD-Politiker vor Schwarzmalerei. "Jeder sollte sich hüten, Horrorszenarien an die Wand zu malen", sagte er. Soziale Verelendung wie in den dreißiger Jahren sei in Europa nicht zu erwarten.

Der Industriekommissar forderte die EU-Staaten zu gemeinsamem Handeln auf: "Eine gemeinsame Stimme Europas, mit der wir unser gesamtes Gewicht in die Waagschale werfen, wird zur Lösung der globalen Krise dringend gebraucht." Mut zu neuem Denken sei erforderlich. Verheugen hieß den Vorschlag der Bundesregierung zur Begrenzung von Managergehältern gut. Wenn die neue Regelung dazu führe, dass "in den Vorständen sich die Erkenntnis Bahn bricht, das die Zeit der astronomischen Vergütungen ein für alle mal vorbei ist, dann wäre das Notwendige erreicht", sagte er. "Eine neue Bescheidenheit und eine neue Moral im Unternehmen täte allen gut."

Zuvor hatte bereits Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor der schlimmsten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg gewarnt. "Eine solche Rezession, die gleichzeitig in allen Ländern der Welt stattfindet, hatten wir seit dem Zweiten Weltkrieg noch nie", sagte Merkel der Bild-Zeitung. Deutschland sei aber besser als die meisten Länder in der Lage, diese Krise zu meistern.

Bei staatlichen Eingriffen will die Kanzlerin Maß halten. "Bei allem, was wir gegen die Krise tun, behalten wir immer auch die Staatsfinanzen und die Spielräume der nächsten Generationen im Auge. Wir werden nicht alle Wünsche erfüllen können." Der Staat müsse vor allem Garant für eines sein: "Wer unverschuldet in Not gerät, dem wird geholfen." Das gelte sowohl für den Einzelnen und auch, wenn es um sinnvolle Hilfe für Unternehmen und Arbeitsplätze geht.

Merkel sieht in den gegenwärtigen Staatseingriffen in die Wirtschaft eine Ausnahmesituation und will so schnell wie möglich wieder auf den wirtschaftspolitischen Kurs zurückkehren, der vor der Krise galt. "Die Exzesse der Märkte, die die Krise ausgelöst haben, zwingen uns dazu, Grenzen zu überschreiten und Dinge zu tun, die wir sonst nicht tun würden", sagte sie dem Blatt. Am Ende dieses Prozesses stünden dann wieder "die alten Grenzen der Sozialen Marktwirtschaft".

Niemand habe sich noch vor einigen Monaten träumen lassen, zu solchen staatlichen Eingriffen gezwungen sein zu können, sagte die CDU-Chefin. Dass dies in ihrer Partei niemandem leicht falle, sei "mehr als verständlich". Daher sei sie dafür, nach der Krise so schnell wie möglich wieder zum alten Kurs zurückzukehren. Für sie sei aber sicher, dass Deutschland besser als die meisten anderen Länder in der Lage sein werde, diese Krise zu meistern. Das Land habe schon ganz andere Herausforderungen bewältigt, erklärte sie.

"Scheinhilfen" für den angeschlagenen Autobauer Opel schloss die Kanzlerin aus. "Scheinhilfen" wie vor einigen Jahren beim Baukonzern Holzmann retten die Arbeitsplätze nicht, kosten Unsummen und hinterlassen dann eine umso größere Enttäuschung. Das lehne ich ab", sagte Merkel weiter.

Die Regierung werde Unternehmen wie Opel unterstützen, "wenn unsere Hilfen diesen Betrieben eine gute Zukunft sichern können und nicht nur wirkungslos verpuffen, weil ein Unternehmen am Markt gescheitert ist, also wenn der Nutzen für alle Menschen in Deutschland größer ist als der Schaden", sagte sie. Hilfen des Staates könnten nur eine Brücke über die Probleme der Finanzkrise hinweg sein. Danach müssten die Unternehmen wieder aus eigener Kraft Erfolge am Markt haben. Darum sei es wichtig zu prüfen, wie ein Unternehmen vor der Krise dagestanden habe.