Einmal hat der studierte Physiker Oskar Lafontaine zum Sprung nach ganz oben angesetzt. Mit nur 32 Jahren war er 1976 Oberbürgermeister von...

Einmal hat der studierte Physiker Oskar Lafontaine zum Sprung nach ganz oben angesetzt. Mit nur 32 Jahren war er 1976 Oberbürgermeister von Saarbrücken (der jüngste einer deutschen Großstadt) geworden, mit 41 regierte er von 1985 an das Saarland (als jüngster Ministerpräsident). Und dann, im Herbst 1990, wollte er Helmut Kohl beerben und erster gesamtdeutscher Bundeskanzler werden. Doch Lafontaines kritische Haltung zu einer, wie er glaubte, allzu raschen Wiedervereinigung, verhagelte der SPD die Bundestagswahl: Mit 33,5 Prozent erreichte sie das schlechteste Ergebnis seit 1957. Vier Jahre später, 1994, verzichtete Lafontaine auf die Kanzlerkandidatur zugunsten von Rudolf Scharping, den er 1995 in einer Kampfabstimmung auf dem Mannheimer Parteitag als SPD-Vorsitzenden ablöste. Als solcher hätte Lafontaine den ersten Zugriff auf die Kanzlerkandidatur 1998 gehabt. Er oder Gerhard Schröder - wer sollte Helmut Kohl herausfordern? Die Entscheidung fiel am 1. März 1998: Schröder gewann die Landtagswahl in Niedersachsen, worauf Lafontaine umgehend auf die Kanzlerkandidatur verzichtete: "Die SPD muss mit dem antreten, der die besten Wahlchancen hat."

Das gegenseitige Misstrauen versuchten sie durch demonstrative Harmoniekundgebungen zu vertuschen. Diese gipfelten in der Aussage Lafontaines: "Zwischen uns passt kein Blatt Papier."