Bei seinem Hamburg-Besuch macht sich der Sozialdemokrat für Kleinanleger stark.

Hamburg. Einen TÜV für Geldprodukte will er künftig haben, und auch sonst machte Franz Müntefering die Sorgen und Nöte der von der Finanzkrise gebeutelten Kleinanleger gestern zur Chefsache. Beim Besuch der Hamburger Verbraucherzentrale forderte der SPD-Vorsitzende, dass Kunden künftig mit einem Blick das Risiko einer Geldanlage einschätzen können müssten. Verbraucher müssten nicht die Einzelheiten von Derivaten oder ähnlichen Finanzprodukten kennen. Bei manchen Geldinstituten habe sich eingeschliffen, die Kunden aus egoistischen Gründen zu riskanten Anlagen zu überreden. "Das muss sich ändern", sagte Müntefering.

Ziel müsse außerdem sein, dass die Haftung für Geldanlagen mit einem kleinen Risiko damit künftig bei denen liegt, die die Produkte verkaufen. Müntefering hatte zuvor mit mehreren Kunden der Verbraucherzentrale gesprochen, die von ihren Kreditinstituten zum Abschluss von risikoreichen Verlustgeschäften oder für sie ungeeigneten Verträgen überzeugt worden waren. "Die Menschen müssen wieder Vertrauen in die Banken gewinnen, das geht nur über Beratung und nicht über Verkaufsgespräche."

Müntefering betonte, wie wichtig es für die Politik sei, die mitunter bizarren Einzelfälle der Kunden zu kennen. "Gerade die Verbraucherzentrale in Hamburg macht sehr gute Arbeit, ihre Beratung ist wichtig."

Für den SPD-Chef wichtig sind weiterhin die klassischen sozialdemokratischen Werte. Nach dem Gedankenaustausch in der Verbraucherzentrale fuhr Müntefering in das SPD-Haus an der Kurt-Schumacher-Allee - zum Heimspiel mit Hamburger Betriebsräten. Seine Botschaft dort: Es müssen, gerade hinsichtlich der Wirtschaftskrise, Arbeitsplätze geschaffen werden. "Die SPD wird das Thema Arbeit in den Mittelpunkt der Wahlkämpfe stellen", versprach der 69-Jährige. Müntefering forderte eine Regulierung der Finanzmärkte und kündigte an, dieses Thema bei der Sitzung des Koalitionsausschusses in der kommenden Woche vorzuschlagen.

Er sprach sich zudem für eine Regulierung der Bonuszahlungen für Manager aus und verlangte, Steueroasen abzuschaffen. Und er wiederholte seinen Vorwurf an die "Heuschrecken", die nur auf Profit aus seien. "Geld und Wirtschaft sind für die Menschen da - und nicht umgekehrt." Die Aufgabe seiner Partei sei es außerdem, in der nächsten Legislaturperiode für die Gleichberechtigung der Geschlechter zu kämpfen: "Wenn Männer und Frauen die gleiche Arbeit tun, sollen sie auch gleichen Lohn erhalten." Auch in der Bildungspolitik stellte der SPD-Chef Forderungen: "Wir sind gegen Studiengebühren und wollen die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss endlich senken." Mit Kritik am Koalitionspartner in Berlin hielt sich Müntefering, der mit den Visionen der SPD für "Das neue Jahrzehnt" im Vorwahlkampf unterwegs ist, knapp ein halbes Jahr vor der Wahl merklich zurück. Einzig die Steuersenkungspläne der Union kritisierte er: "Das wird nicht geschehen, wenn es nur den Reichen Vorteile bringt."