Bisweilen muss es für Guido Westerwelle ein unangenehmer Termin gewesen sein: der Besuch im “Big Brother“-Container, die Fahrten im Guidomobil, die...

Berlin. Bisweilen muss es für Guido Westerwelle ein unangenehmer Termin gewesen sein: der Besuch im "Big Brother"-Container, die Fahrten im Guidomobil, die 18-Prozent-Schuhe - diese heute zutiefst peinlich wirkende Phase des FDP-Vorsitzenden im Jahr 2002 ließ Frank-Walter Steinmeier (SPD) nicht aus, als er am Freitag die Westerwelle-Biografie "... und das bin ich" des "FAZ"-Journalisten Majid Sattar vorstellte. Doch der Vizekanzler, Außenminister und Kanzlerkandidat seiner Partei ließ danach nur noch Milde walten und attestierte dem Buch gar eine "gewisse Gnadenlosigkeit" und zeigte sich ein Stück weit vom Oppositionsführer beeindruckt, dass er diese "kritische Biografie" zwar nicht autorisiert, aber unterstützt habe.

Als Steinmeier dann politisch wurde und seine inhaltlichen Schnittmengen mit Westerwelle vortrug, ging er explizit auf die Außenpolitik ein und lobte Westerwelle für sein Engagement für die weltweite Abrüstung. Er akzeptiere den Wunsch des FDP-Politikers, nach elf Jahren in der Opposition endlich auch mal Außenminister zu werden, aber warnte ihn zugleich: Das Schlimme für einen Außenminister sei, dass man nicht immer über seine Verhandlungserfolge reden könne. "Auch daran muss man sich gewöhnen, Herr Westerwelle." Deutlicher konnte der Flirt des Kanzlerkandidaten mit seinem vielleicht zukünftigen Vizekanzler kaum ausfallen. Das hatte auch Westerwelle begriffen. Die Buchvorstellung sei "beängstigend freundlich" gewesen, entgegnete der FDP-Chef und stellte klar: "Das sind definitiv keine Koalitionsverhandlungen." Und ließ dann Steinmeiers Werbeoffensive erbarmungslos ins Leere laufen: "Ich will eine Regierung mit einer bürgerlichen Mehrheit, dafür werde ich kämpfen."

Worte, die kaum verwundern. Auch in der jetzt veröffentlichten Biografie wird deutlich, dass die Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel die Wunschkoalitionspartnerin des FDP-Chefs ist. Mit ihr duzt der 47-Jährige sich seit Jahren, bei ihrem 50. Geburtstag zeigte er sich erstmals an der Seite seines Lebenspartners Michael Mronz, und sie telefonieren regelmäßig. Auf die Kanzlerin angesprochen, sagte er gestern jedoch nur: "Eine charmante Frau."

Lieber sprach er über sich selbst, darüber, dass das Buch ihm schmeichle, aber auch ihn verlegen mache, und dass diese Buchvorstellung ein "ganz seltsames Gefühl" in ihm auslöse. Mag sein, dass sein seltsames Gefühl auch mit den bissigen Beschreibungen der schillernden Politfigur Westerwelle zu tun hat: "Westerwelle ist süchtig nach Kameras, nach Aufmerksamkeit", heißt es an einer Stelle.

An einer anderen: "Er wirkt vor der Kamera gescheit und formuliert messerscharf, aber seine Mimik wirkt oft künstlich, aufgesetzt, übertrieben, sein Augenaufschlag, sein Kopfnicken lassen zuweilen an Comics denken." Westerwelle lege im Umgang mit den Medien oft Verhaltensweisen eines Aufsteigers an den Tag, schreibt der Autor. "Er ist zu demonstrativ." Dabei könne der Politiker durchaus entspannt und selbstironisch sein. "Unter der Diskrepanz zwischen dem eigenen Bild und der medialen Reflexion leidet Westerwelle zutiefst."

Der Chef der Liberalen, der diese drastischen Passagen schon vorher kannte und zulassen musste, gab sich nach seinen anfänglichen Gefühlsbeschreibungen dann auch wieder betont sachlich: "Es ist ein gelungenes Buch, auch wenn es mir nicht immer gefällt."