Die Frauen wollen in dieser Matinee ein wenig auf sich selbst stolz sein. Vor 90 Jahren ist in Deutschland das Frauenwahlrecht eingeführt worden.

Berlin. Die Frauen wollen in dieser Matinee ein wenig auf sich selbst stolz sein. Vor 90 Jahren ist in Deutschland das Frauenwahlrecht eingeführt worden. Angela Merkel (CDU) hat eine Woche nach dem eigentlichen Jahrestag - dem 19. Januar 1919 - für eine gute Stunde ins Kanzleramt zu Musik, Sekt und Talk im Fernsehformat eingeladen. Immerhin ist Merkel ja auch die Erste, die es ganz nach oben geschafft hat. Zum Schluss rät sie den Frauen, sich auf dem Weg zu voller Gleichberechtigung "nicht irre" machen zu lassen - auch wenn die Männer mittlerweile klagten: "Wir haben jetzt gar nichts mehr zu sagen." Das hat sie wohl schon selbst oft gehört.

Mehrere Dutzend Politikerinnen sind gekommen. Viele Abgeordnete, fast alle Bundesministerinnen außer der erkrankten Ulla Schmidt (SPD) und der "terminlich verhinderten" Ilse Aigner (CSU). Im Publikum sitzen Schülersprecherinnen aus Berlin und Brandenburg, stellvertretend für die nächste Generation von Frauen, die Verantwortung übernehmen wird. Die Kanzlerin wird von der "Mutter" der Frauenbewegung in der Bundesrepublik, Alice Schwarzer, und der großen liberalen Lady Hildegard Hamm-Brücher umrahmt.

Die Zahl der Männer im Publikum, das auf den Stufen der großen Treppe im Kanzleramt hockt, ist entsprechend dem Anlass hingegen recht überschaubar. In der ersten Reihe sitzt als einziger Vertreter des männlichen Geschlechts Armin Laschet (CDU). Der ist in Nordrhein-Westfalen Frauenminister. Auch der Moderator ist ein Mann, wofür er sich zu rechtfertigen sucht. Dafür fiedelt ein flottes Frauenquartett.

Natürlich wird an diesem Tag das männliche Geschlecht auch ein bisschen kritisiert, aber charmant und ein wenig nachsichtig. Bildungsministerin Annette Schavan (CDU) kann ein Lied davon singen, dass es für Frauen nur dann leicht ist, in der Politik etwas zu werden, wenn auch wirklich eine Frau gebraucht wird. Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) gesteht ein, dass Vorgesetzte nerven könnten. "Darum muss man sehen, dass man möglichst wenige hat."

Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) weiß lächelnd von den zwei Fragen zu berichten, die immer einer Frau gestellt werden, die sich für ein politisches Amt bewirbt. "Können Sie das überhaupt? Und: Wie können Sie das schaffen?" So, als wolle sie auch noch Alice Schwarzer beerben, endet sie ihre Rede mit dem Appell: "90 Jahre Frauenwahlrecht - wählen zu gehen war nur der Anfang."

Merkel warnt zum Schluss, dass die Frauen im Land nicht überfordert werden dürften. Dennoch zeigen sich auch an diesem Tag die Grenzen der Frauensolidarität. Die Vorsitzende des Frauen-Ausschusses des Bundestags, Kerstin Griese (SPD), veröffentlichte eine Presseerklärung: In der Unionsfraktion, die die Kanzlerin stellt, sitzen im Vergleich die wenigsten Frauen.