Könnte Lafontaine ihr wieder Orientierung geben?

Berlin. Die Unzufriedenheit mit der Politik von Kanzler Gerhard Schröder ist selbst in der SPD mit Händen zu greifen. Auf der Suche nach innerparteilicher Opposition und programmatischer Alternative richten deshalb nicht wenige Genossen hoffnungsvoll den Blick auf den Kanzler-kritischen linken Flügel. Doch dessen Zustand steigert bei genauerem Hinsehen nur den Frust vieler Sozialdemokraten. Einst war die SPD-Linke mächtig. Heute sei sie "desorientiert wie nie", schrieb kürzlich der frühere SPD-Bundesgeschäftsführer Peter Glotz. Im Frühjahr bäumte sich ein Teil der Linken noch einmal auf gegen Gerhard Schröders "Agenda 2010". Sie zettelten ein Mitgliederbegehren gegen die Reformpläne an, die nach ihrem Geschmack zu viel neoliberalen Geist beinhalten. Doch das Projekt der Widerspenstigen brach recht bald in sich zusammen. Selbstkritisch gestehen manche Parteilinke ein, dass ihrem Flügel ein "Gegenkonzept" fehlt, aber auch ein "führender Kopf mit Ausstrahlung und politischem Gewicht". In der Bundestragsfraktion werden mehr als 100 der 251 SPD-Abgeordneten zur "Parlamentarischen Linken" (PL) gerechnet. Ihr Anführer ist Fraktions-Vize Michael Müller (55). Von etlichen Sozialdemokraten wird er leicht spöttisch "Papier-Müller" genannt, weil er fleißig Konzepte schreibt. Seine politische Wirkung gilt als sehr begrenzt. "Er kündigt immer viel an, aber dann kommt meistens nicht mehr viel", moniert ein Kritiker. Ernsthaft fürchten müsse Schröder die PL jedenfalls nicht. Ähnliches gilt für die außerparlamentarische Repräsentanz der SPD-Linken, dem Forum Demokratische Linke 21. Geführt wird es von der früheren Juso-Chefin Andrea Nahles (33), die 2002 den Sprung in den Bundestag nicht mehr schaffte und jetzt für die IG Metall arbeitet. Nennenswerter Einfluss auf den SPD-Kurs wird diesem Forum in Parteikreisen nicht nachgesagt. Hohe Wertschätzung genießt wegen seiner Geradlinigkeit auf Seiten der Parteilinken der Bundestagsabgeordnete Ottmar Schreiner (57). Dass der Saarländer, einst eng verbunden mit seinem Landsmann Oskar Lafontaine, zur Galionsfigur des Schröder-kritischen SPD-Flügels aufsteigen könnte, bezweifeln aber selbst seine Anhänger. Und Lafontaine? Dessen schnöder Abgang 1999 hat viele Parteilinke nachhaltig vergrätzt. Die meisten rechnen nicht mehr mit ihm. Die SPD-Linke bleibt auf der Suche.