Bertelsmann-Stiftung kritisiert stagnierenden Ausbau des Ganztagskonzeptes in Hamburg, berücksichtigt allerdings neue Senatspläne noch nicht.

Hamburg. Damit alle Hamburger Schüler ganztags unterrichtet werden können, müsste die Hansestadt nach Angaben der Bertelsmann-Stiftung jährlich rund 172 Millionen Euro zusätzlich aufbringen. Zwar nutze mehr als jeder zweite Schüler (55 Prozent) schon Ganztagsangebote, aber der Ausbau dieser Schulform stagniere, teilte die Gütersloher Stiftung am Dienstag mit. Sie analysierte allerdings Zahlen aus dem vergangenen Schuljahr 2010/11. Damals waren 44,5 Prozent (Vorjahr: 44,1 Prozent) der Hamburger Schulen Ganztagsschulen.

+++ Offene Ganztagsschule: Freizeit in der Schule +++

Seit dem Regierungswechsel von Schwarz-Grün zur SPD 2011 hat sich Hamburgs Schulsenator Ties Rabe (SPD) für den Ausbau der Ganztagsschule eingesetzt. Schul- und Sozialbehörde machten Anfang 2012 mit Wohlfahrtsverbänden und Hortträgern den Weg frei, damit weitere 10 000 Kinder in den kommenden Jahren zur Ganztagsschule gehen können. Allein für die Einrichtung von Schulkantinen sind rund 100 Millionen Euro veranschlagt worden.

Nach Auffassung der Bertelsmann-Stiftung mangelt es bundesweit für die Schulform an übergreifenden Konzepten und Qualitätsstandards. Außerdem habe die gebundene Ganztagsschule mit Angeboten, die für alle Schüler verbindlich sind, Vorzüge gegenüber der offenen Form. In erstgenannter könnten Kinder individueller gefördert werden. Zudem sei es einfacher, Konzentrations- und Entspannungsphasen abzuwechseln und den starren 45-Minuten-Takt aufzubrechen, berichtete Bertelsmann-Vorstandsmitglied Jörg Dräger. Er war früher Hamburger Wissenschaftssenator (2001-2008/parteilos). Ganztagsschulen könnten weiteres Potenzial ausschöpfen, indem sie systematisch etwa mit Kindertagesstätten, Ausbildungsbetrieben, Musikschulen und Sportvereinen zusammenarbeiteten.

Rund 21 Prozent der Hamburger Schüler besuchten den Bertelsmann-Angaben zufolge im Schuljahr 2010/11 eine gebundene Ganztagsschule (bundesweit: 12,7 Prozent). Die Ganztagsschule beginnt in Hamburg mit der Vorschule und steht allen Kindern offen. Sie ist von der ersten Klasse an – von 8.00 Uhr bis 16.00 Uhr – kostenlos. Nach Berechnungen des Essener Bildungsforschers Prof. Klaus Klemm für die Stiftung müssten bundesweit für eine flächendeckende Versorgung mit Ganztagsschulen jährlich zusätzlich 9,4 Milliarden Euro (davon Hamburg: 172 Mio) investiert werden.