Heftige Wortgefechte prägen das einzige Fernsehduell von Hannelore Kraft und Norbert Röttgen vor der NRW-Wahl. Die Kontrahenten streiten über Finanzpolitik, Kinderbetreuung und Mindestlohn.

Köln. Zwei Wochen vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haben sich Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) und ihr Herausforderer Norbert Röttgen (CDU) am Montagabend im WDR-Fernsehen einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Im Streit über Haushaltsfragen, Kinderbetreuung, Leiharbeit und Energiepolitik fielen sich die Kontrahenten immer wieder gegenseitig ins Wort. Kraft verwies auf Erfolge der rot-grünen Minderheitsregierung, während Röttgen von einer verfehlten Politik sprach. Die Wahl findet am 13. Mai statt.

Der CDU-Herausforderer warf Kraft mangelnden Sparwillen vor. Sie betreibe eine Verschuldung des Landes auf Kosten der künftigen Generationen, das sei unsozial. Er wolle die Ausgaben um 1,6 Milliarden Euro kürzen, wenn er Regierungschef werde, kündigte Röttgen an, blieb aber vage bei der Frage, wo Einschnitte erfolgen würden. Kürzungen seien bei der Beschaffung sowie bei Förderprogrammen und Subventionen möglich.

Kraft verwies auf hohe Personalkosten des Landes und die noch schlechtere Haushaltslage des Bundes. NRW liege zudem bei der Pro-Kopf-Verschuldung aller Bundesländer im guten Mittelfeld. Sie befürworte eine Schuldenbremse in der Verfassung, wenn sichergestellt werde, dass dabei „die Kommunen nicht die Dummen sind“. Anders als Rot-Grün habe sich die frühere schwarz-gelbe Landesregierung bei knapper Haushaltslage bei Städten und Gemeinden bedient.

Röttgen unterstellte Kraft nach einer missverständlichen Interview-Äußerung vom Wochenende erneut, sie befürworte eine Kita-Pflicht für alle Kinder. Die SPD-Spitzenkandidatin wies dies zum Auftakt des einstündigen Disputs in der Kölner „Vulkanhalle“ empört zurück und betonte, es gehe darum, „dass wir genug Plätze schaffen, damit alle in die Kita können“.

Das von der Bundesregierung geplante Betreuungsgeld für Eltern, die ihre kleinen Kinder nicht in eine Tagesstätte schicken, setze dagegen falsche Anreize. Mit dem Geld könnten in NRW 25.000 zusätzliche Kita-Plätze geschaffen werden, rechnete die Regierungschefin vor.

Röttgen sieht zwar noch Gesprächsbedarf bei der Ausgestaltung des Betreuungsgeldes, verteidigte es jedoch grundsätzlich. Wer sein kleines Kind zu Hause betreue, solle auch einen finanziellen Ausgleich dafür erhalten, dass er staatliche Leistungen nicht in Anspruch nehme, sagte der Bundesumweltminister. Es gelte aber darauf zu achten, „dass es keine Fehlanreize gibt“.

Unterschiedliche Ansätze verfolgen die beiden Spitzenkandidaten auch im Kampf gegen Lohndumping. Um gegen Auswüchse bei der Leiharbeit vorzugehen, fordert Kraft einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn als „Reißleine nach unten“. Außerdem müsse es eine Ausbildungsgarantie für junge Leute geben. Röttgen befürwortet dagegen das CDU-Modell einer Lohnuntergrenze, die überall dort gilt, wo es keine Tarifverträge gibt. Er räumte ein, dass dann weiterhin Tarifabschlüsse unter dieser Lohngrenze möglich wären.

Keine Überraschung gab es bei der Frage, wie die beiden Bewerber um das Amt des Ministerpräsidenten mit einer Niederlage umgehen würden. Während Kraft bekräftigte, sie würde auch dann weiter in Nordrhein-Westfalen Politik machen, hielt sich Röttgen die Entscheidung offen, ob er dann Minister in Berlin bleiben oder nach Düsseldorf wechseln würde.

Zwei Tage nach dem Duell findet am Mittwochabend eine TV-Runde der Spitzenkandidaten aller Parteien statt, die Aussicht haben, in das künftige Landesparlament gewählt zu werden. Teilnehmer der 90-minütigen Sendung aus dem „Kunstwerk“ in Mönchengladbach sind dann neben Kraft und Röttgen auch Sylvia Löhrmann (Grüne), Christian Lindner (FDP), Katharina Schwabedissen (Die Linke) und Joachim Paul (Piraten).