Mehrere CDU-Ministerpräsidenten sprechen von Steuererhöhungen. Die Bundesregierung will die Diskussion darüber abwiegeln.

Berlin. In der FDP ist man alarmiert. Nachdem sich der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) am Freitag dem "Spiegel" gegenüber dafür ausgesprochen hatte, wenn nötig "neue Einnahmemöglichkeiten durch Steuererhöhungen zu erschließen", forderte der FDP-Haushaltspolitiker Otto Fricke den Bundesfinanzminister zu einer Klarstellung auf. "Der Druck, wirklich zu sparen, muss bleiben", sagte Fricke im ZDF. Deshalb müsse der Wolfgang Schäuble endlich "sagen, dass es mit ihm keine Steuererhöhungen in dieser Legislaturperiode geben wird".

Da war es allerdings schon zu spät. Den ganzen Tag über waren aus den CDU-regierten Ländern die unterschiedlichsten Vorstöße gekommen. So viele, dass dem Unionsfraktionsvorsitzenden Volker Kauder irgendwann der Kragen platzte. Dieser "Wettbewerb" der Steuererhöhungs- und Sparvorschläge sei "nicht hilfreich", beklagte sich der CDU-Politiker in der "Saarbrücker Zeitung". Er appellierte an seine Parteifreunde: "Wir sollten jetzt intern ein Konzept erarbeiten und es dann nach außen gemeinsam vertreten."

Vergeblich. Den Anfang hatte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) gemacht. Er hatte gegenüber der "Welt" gemeint, es dürfe keine Tabubereiche geben. "Weder auf der Einnahmen- noch auf der Ausgabenseite." Und wenn es nicht anders gehe, "müssen wir über Steuererhöhungen nachdenken dürfen". Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich hatte vorgeschlagen, die ermäßigten Mehrwertsteuersätze abzuschaffen. Dadurch könne man auf einen Schlag 27 Milliarden Euro sparen, hatte der CDU-Politiker dem "Handelsblatt" gesagt und polemisch gefragt: "Warum werden Windeln, Kinderkleidung und Spielzeug mit dem normalen Mehrwertsteuersatz belastet, Katzen- und Hundefutter jedoch mit dem ermäßigten Satz?" Wenn man da rigoros streiche, habe man bereits die Hälfte der Schuldenbremse finanziert.

Das kommt für die FDP allerdings nicht infrage. Über einzelne Posten könne man reden, aber eine komplette Abschaffung der ermäßigten Mehrwertsteuersätze sei ausgeschlossen, sagte Daniel Volk, der FDP-Obmann im Finanzausschuss, dem Abendblatt. "Das wäre eine Steuererhöhung , und eine Steuererhöhung wäre die Bankrotterklärung der Bundesregierung."

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, Mitglied des CSU-Präsidiums, wandte sich im Abendblatt-Interview (Seite 4) gegen Steuererhöhungen. "Wir sollten es bei einer gemeinsamen Anstrengung auch ohne Steuererhöhungen schaffen können", sagte er. Auf die Frage, ob er eine Erhöhung der Mehrwertsteuer ausschließen könne, antwortete er: "Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer steht nicht an."

Während Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU) in der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" für eine Pkw-Maut plädierte, wird laut "Spiegel" im Bundesfinanzministerium über die Erhöhung der Lkw-Maut nachgedacht. Auch eine Beitragssatzerhöhung bei der Arbeitslosenversicherung sei Bestandteil eines ganzen Katalogs aus Kürzungen und Steuererhöhungen, heißt es: Ein Prozentpunkt brächte acht Milliarden Euro. Angeblich schlagen die Beamten auch vor, die Ausnahmen bei der Ökosteuer zu beschneiden: Die kosten den Bund jährlich sechs Milliarden Euro.

Die Liberalen regten sich derweil darüber auf, dass der Etat von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) nicht stärker beschnitten wird. Es sei "politisch nicht nachvollziehbar", dass der mit einem Volumen von rund 143 Milliarden Euro weitaus größte Einzeletat "die geringste Kürzungsvorgabe von nur 3,6 Millionen Euro" aufweise, hieß es in einem von der "Rheinischen Post" veröffentlichten Brief von Westerwelles Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Martin Biesel, an Schäubles Haushalts-Staatssekretär Werner Gatzer. "Wenn wir bei der Haushaltskonsolidierung ehrgeizig sein wollen, werden wir unsere Ziele nicht erreichen, wenn der größte Einzeletat von der Kürzung ausgenommen wird."

Während die Politiker streiten, machen sich die Wähler keine Illusionen. Laut Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-"Politbarometer" rechnen 78 % der Deutschen damit, dass es Steuererhöhungen geben wird.