Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bittet in Paris vor 100.000 Anhängern fast verzweifelt um Hilfe bei der Wahl am kommenden Sonntag.

Paris/Vincennes. Der Wahlkampf in Frankreich ist auf dem Höhepunkt: Präsident Nicolas Sarkozy und sein sozialistischer Herausforderer Francois Hollande haben sich eine Woche vor der ersten Wahlrunde ein Fernduell geliefert. Amtsinhaber Sarkozy sprach am Sonntagnachmittag im Zentrum von Paris auf dem Place de la Concorde. Er versuchte mit seiner Rede, die vielen unentschiedenen Wähler zu mobilisieren. 100.000 Anhänger versammelten sich nach Angaben seiner konservativen Partei auf dem Platz. Etwa zeitgleich trat Hollande im Schlosspark von Vincennes auf. Nach Parteiangaben nahmen ebenfalls 100.000 Menschen an der Veranstaltung unter freiem Himmel teil.

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Sarkozy forderte bei seinem Auftritt, die Rolle der Europäischen Zentralbank (EZB) zu überdenken. Er werde „die Debatte um die Rolle der EZB eröffnen, um das Wachstum zu stärken“, erklärte er. Dafür müsse man erwägen, das Mandat der Zentralbank zu erweitern, sagte er. „Die Zukunft unseres Landes steht auf dem Spiel“, fügte der Präsident hinzu. Damit eröffnete Sarkozy eine neue EU-Baustelle, nachdem er schon einen Austritt aus dem Schengenraum und das Einfrieren der Pariser EU-Beiträge angedroht hatte. Die EZB-Debatte ist ein Affront gegen Deutschland, die Bundesregierung lehnt jede politische Einmischung in die EZB-Entscheidungen kategorisch ab.

Sein Auftritt im Herzen von Paris wirkte daher auch wie ein fast verzweifelter Versuch, das Ruder noch herumzureißen. „Französinnen, Franzosen, helfen Sie mir“, rief er. Indirekt wandte er sich auch an die Protestwähler des rechtsextremen Front National. „Ich verstehe das Gefühl der Ungerechtigkeit derer, die nicht von ihrer Arbeit leben können, während andere es ohne Arbeit schaffen.“ Zugleich bemühte er sich um die Stimmen der gesamten „schweigenden Mehrheit“: „Ich richte mich nicht an rechts oder links“, sagte er. „Welche Zukunft wollen Sie für Frankreich? Das ist die einzige Frage, auf die es ankommt.“

Sein Gegner Hollande versprach „ein Frankreich, das stärker ist als die Märkte“. Er attackierte Sarkozy für dessen Vorwurf, die Aussicht auf einen Sieg des Sozialisten verunsichere die Märkte. „Der einzige, der den Kopf verliert, ist der scheidende Präsident“, konterte Hollande. Zu seinen Versprechen gehört es, spekulative Finanzprodukte wie Kreditausfallversicherungen zu verbieten. Er bekräftigte sein Ziel, bei seiner Wahl den von Berlin durchgeboxten Fiskalpakt „neu zu verhandeln“, denn „Sparen alleine beruhigt die Märkte nicht“. Er gab sich am Sonntag vor dem Schloss von Vincennes erstmals siegessicher. „Niemand kann uns aufhalten, niemand kann uns hindern, ich bin bereit“, donnerte er seinen euphorischen Anhängern entgegen. „Geben Sie mir die Kraft, die Wahl zu gewinnen“, sagte er.

Die Chancen für Sarkozy auf eine zweite Amtszeit haben sich eine Woche vor dem ersten Wahlgang Umfragen zufolge weiter verschlechtert. In vier Erhebungen, die am Donnerstag oder Freitag veröffentlicht worden waren, baute Herausforderer Hollande seinen Vorsprung vor Sarkozy bei der wohl entscheidenden Stichwahl aus. In der Umfrage von CSA kam Hollande für die Stichwahl am 6. Mai auf 57 Prozent, drei Punkte mehr als zuvor. In den anderen Umfragen lag er bei 54, 55 und 56 Prozent. Bei der ersten Wahlrunde am 22. April wird wohl keiner der Kandidaten über 50 Prozent kommen, was eine Stichwahl der beiden führenden Kandidaten aus der ersten Wahlrunde erforderlich machen würde.

Mit Material von dapd/rtr