Syriens Diktator macht sich über die Opposition und die Uno lustig, seine Frau kauft Luxusgüter. Auch ein Jahr nach Beginn der Unruhen geht das Morden weiter .

Hamburg. Während seine Truppen in den Straßen der Stadt Homs ein Blutbad anrichteten, während Frauen und Kinder starben, konnte sich der syrische Präsident Baschar al-Assad köstlich amüsieren über ein Video, in dem es um ein kleines grünes Modellauto und einen Stapel Kekse geht.

Das Modellauto stellt einen syrischen Panzer dar, komplett mit Strohhalm als Kanone. Es nimmt eben noch ein Hochhaus – die gestapelten Kekse – ins Visier, kommt dann aber plötzlich ganz harmlos ohne Kanone daher, als sich ein Inspektor der Arabischen Liga nähert – verkörpert durch eine Art Lego-Männchen. Der Inspektor vermag den Panzer nicht zu erkennen.

Das Video, zu sehen auf YouTube, wurde offenbar von Assad-Sympathisanten angefertigt, um Burham Ghalion, den Rebellenführer vom Syrischen Nationalrat, lächerlich zu machen. Ghalion hatte gesagt, die syrische Armee verstecke Panzer in Homs in zivilen Einrichtungen vor den Inspektoren. „Guck Dir mal das Video auf YouTube an“, schrieb Assad an seinen Medienberater Hadeel al-Ali. „Hahaha, o mein Gott! Das ist ja Wahnsinn!“, schrieb al-Ali zurück. „Alle Welt redet über Ghalion und seine Panzer-Theorie.“

Der bizarre Dialog ist enthalten in einem regen E-Mail-Verkehr, den Baschar al-Assad und seine Frau Asma vor allem mit engen Mitarbeitern und untereinander pflegten. Rund 3000 Mails wurden von der Oppositionsgruppe Oberster Revolutionsrat zwischen Juni 2011 und Februar 2012 abgefangen und jetzt der Londoner Zeitung „The Guardian“ zugeleitet. Der Mail-Verkehr wurde offenbar von Hackern geknackt, denen geheime Passwörter von einem Informanten innerhalb des Präsidentenpalastes verraten worden waren.

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Wie der „Guardian“ schrieb, endete der Zugang zu den Assad-Mails abrupt am 7. Februar, als sich auch die Hacker-Gruppe Anonymus Zugang zu diversen syrischen Regierungsstellen verschaffte und dies aufflog. Danach wurden die Passwörter geändert. Die verratenen Codes ermöglichten den Zugriff auf die privaten Adressen des Präsidentenpaares, sam@alshahba.com und ak@alshahba.com.

Die Echtheit dieses E-Mail-Verkehrs kann zwar nicht zu 100 Prozent gewährleistet werden. Doch der „Guardian“ hat die Inhalte der Mails durch Nachfragen bei zehn Personen, die in den Nachrichten auftauchen, sowie durch Nachprüfen von Fakten weitgehend verifizieren können.

Die 3000 Mails gewähren einen noch nie da gewesenen Einblick in die streng abgeschottete syrische Machtmaschinerie und beleuchten auch das private Gebaren des Ehepaars Assad.

Offenbar hat Assad eine kleine Clique von Vertrauten um sich geschart, mit denen er einen privaten E-Mail-Verkehr pflegt und auf diese Weise Syrien führt – vorbei am offiziellen Sicherheits-und Machtapparat. Den Mails nach hat sich der Despot bei Ausbruch der Revolte vor nunmehr genau einem Jahr Rat bei dem Mullah-Regime in Teheran eingeholt, wie er mit der Opposition umgehen soll. Iran, in dem jedes Aufbegehren brutal niedergeknüppelt wird, ist der einzige Verbündete Syriens in der Region; beide Staaten unterstützen massiv die israelfeindlichen Terrorgruppen Hamas und Hisbollah. Assads Frau Asma, studierte Literaturwissenschaftlerin und Informatikerin, die einst bei der Deutschen Bank arbeitete, pflegte danach regen Kontakt mit der Tochter des Emirs von Katar, Mayassa al-Thani. Ihr Vater betrachte Assad als Freund, schrieb al-Thani, fügte jedoch hinzu, die Chance für einen echten Wandel sei in Syrien längst verpasst worden.

Die im Laufe der Korrespondenz sichtlich ernüchterte Tochter des Emirs schrieb an Asma al-Assad am 30. Januar: „Wenn wir den Verlauf der Geschichte betrachten, erkennen wir zwei Resultate: Führer treten ab und erhalten politisches Asyl, oder sie werden brutal angegriffen. Ich kann nur beten, dass Du den Präsidenten davon überzeugen kannst, dass dies eine Chance ist, ins Exil zu gehen, ohne eine Anklage fürchten zu müssen.“

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Der Despot machte sich jedoch derweil lustig über seine eigenen leeren Reformversprechen, über den „Quatsch von Parteien, Wahlen und Medien“. Assad und seine in London geborene Frau Asma, genannt „Sam“ oder „Emma“, verwenden demnach Englisch statt Arabisch in ihrem E-Mail-Verkehr miteinander. Wie die Botschaften zeigen, war die glamouröse Asma stets weniger um das Schicksal ihres Landes besorgt als vielmehr darum, genügend Luxusgüter über im Ausland lebende Freunde zugeleitet zu bekommen. Sie verbrachte jeden Tag Stunden damit, im Internet zu shoppen. Beim Londoner Luxuskaufhaus Harrods bestellte sie per Amazon ein teures Fondueset sowie eine Vase für 3000 Euro und bat eine Freundin, ihr die DVD „Harry Potter – die Heiligtümer des Todes Teil 2“ nach Damaskus mitzubringen.

Über einen Cousin orderte sie in Paris vier Colliers, „drei davon besetzt mit gelben und eines mit weißen Diamanten“. Zudem Kerzenleuchter und Möbel für 12.000 Euro. Ein Hersteller im englischen Surrey lieferte einen Marmortisch für rund 7000 Euro.

Eine Freundin von Asma al-Assad versicherte der Despotengattin zwar, die bestellten Luboutin-Luxusschuhe kämen pünktlich im Februar, hatte aber den Nerv hinzuzufügen: „Ich glaube nicht, dass sie in nächster Zeit sonderlich nützlich sein werden.“

Als die syrische Armee damit begann, Homs samt seinen Einwohnern in Trümmer zu schießen, schickte Assad seiner Frau eine Mail, in der er einen Liedtext des US-Countrysängers Blake Shelton zitierte: „Ich war ein wandelnder Kopfschmerz/ Ich habe eine Katastrophe aus mir gemacht/ Die Person, die ich zuletzt war/ Ist nicht die, die ich sein will“. Und dann: „Aber du bleibst dicht neben mir/ Beobachte, wie der Sturm vorüberzieht/ Und ich brauche dich.“

Vor der Gewalt syrischer Regierungstruppen sind allein gestern etwa 1000 Menschen in die benachbarte Türkei geflüchtet, insgesamt sind es fast 15.000 Flüchtlinge. Die Uno rechnet mit bisher 10.000 Toten.