Guru Baba Ramdev geht in den Hungerstreik und fordert das Ende der lähmenden Korruption im Land. Millionen begeisterte Anhänger in Indien.

Neu-Delhi. Wenn Baba Ramdev auf Sendung geht, schalten Millionen Inder den Fernseher ein. Der charismatische und umstrittene Yoga-Guru verspricht Gesundheit und Glück durch Körperertüchtigung und hat damit nebenbei ein Millionenvermögen verdient. Nun setzt er seine Popularität für eine politische Bewegung ein, die der weitverbreiteten Korruption in Indien ein Ende setzen soll.

Ramdev trat am Sonnabend in Neu-Delhi in den Hungerstreik. Er will erst wieder Nahrung zu sich nehmen, wenn die indische Regierung seine Forderungen „zu 100 Prozent“ erfüllt. Zehntausende seiner Anhänger in Indien, in den USA, Europa und Afrika hätten sich ihm angeschlossen, erklärte er. „Ihr könnt Wasser trinken“, riet er ihnen.

Die Korruption erfasst in Indien praktisch alle Bereiche des Leben, von der Ausstellung eines Führerscheins bis hin zur Gründung eines Unternehmens. Nur wer Schmiergeld zahlt, kommt weiter. „Das Volk ist wütend“, erklärte Ramdev. „Es will Taten sehen.“

In Neu-Delhi wurde ein riesiges Zelt errichtet, in dem Hunderte Lehrer seines Ashrams die Vorzüge des Yogas erläutern. Ramdev will in den kommenden Tagen und Wochen nicht sprechen: Er erlegte sich mit Beginn des Hungerstreiks ein Schweigegelübde auf.

Peinliche Korruptionsskandale

Ramdevs Popularität ist so groß, dass die Regierung sich angesichts seiner Ankündigung zum Handeln gezwungen sah. Gleich vier Minister empfingen ihn am Mittwoch am Flughafen von Neu-Delhi und versuchten vergeblich, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.

In jüngster Zeit brachten mehrere Korruptionsskandale die Regierung in Bedrängnis. Dabei ging es um die Vergabe von Telefonlizenzen und die Ausrichtung der Commonwealth-Spiele im vergangenen Jahr in Neu-Delhi. Der Aktivist Anna Hazare beendete im April einen viertägigen Hungerstreik, der sich ebenfalls gegen die Korruption richtete. Die Regierung sagte damals zu, einen Ausschuss gegen Korruption in öffentlichen Ämtern einzurichten.

Yoga soll Krankheiten heilen

Ramdev wurde zu Beginn des neuen Jahrtausends einem größeren Publikum bekannt, als er im Fernsehen die gesundheitlichen Vorzüge von Yoga anpries. Mittlerweise verfolgen Millionen seine Sendungen. Und Ramdev weitete seine Botschaft aus: Er sprach davon, die Abhängigkeit von teurer westlicher Medizin zu beenden und lobte die Vorzüge fleischloser Ernährung. Mit Yoga könne er alles heilen, von Krebs bis Homosexualität, die er als Sucht bezeichnete.

Der Guru wurde zu einem Fernsehphänomen und zu einer der bekanntesten TV-Persönlichkeiten im Land. Sein Ashram, eine Art Meditationszentrum in der Ortschaft Haridwar am Ufer des Ganges, umfasst ein Yoga-Studio und ein Krankenhaus, in dem nach den Prinzipien der traditionellen Heilkunst Ayurveda behandelt wird. Außerdem werden pflanzliche Medikamente hergestellt und verkauft. Der Ashram betreibt auch Yogazentren und Geschäfte in den USA und Großbritannien.

2009 schenkten zwei schottische Anhänger indischer Herkunft dem Guru sogar eine Insel. Das war auch das Jahr, in dem Ramdev sich nicht länger nur auf die körperliche Gesundheit konzentrierte, sondern sein Interesse auf die Politik richtete. Der Soziologe Shiv Vishvanathan erklärte, Ramdev verspreche „Hoffnung, Reinheit, Ordnung“ in einem Land, in dem die Frustration über Korruption und Missmanagement groß seien.

Todesstrafe für korrupte Beamte gefordert

Ramdev, der nach Medienberichten zwischen 36 und 45 Jahre alt ist, traf am Mittwoch in Neu-Delhi ein, nachdem er zuvor neun Monate durch Indien gereist war, um Unterstützung für seine Anti-Korruptions-Bewegung zu sammeln. Er fordert die Todesstrafe für korrupte Beamte und verlangt von der Regierung, Milliarden Dollar aus ausländischen Steueroasen zurückzuholen.

Für seine Anhänger kann Ramdev wie magisch körperliche und soziale Probleme verschwinden lassen. „Er hat Geist und Körper von Hunderttausenden Menschen geheilt und jetzt hat er die Herausforderung angenommen, dieses Land zu verändern“, sagt der Rentner Shambhu Prasad Ganeriwala, der 36 Stunden aus seiner Heimatstadt mit dem Zug nach Neu-Delhi fuhr.