Mit dem vom Unterhaus gebilligten Gesetz soll die lähmende Korruption in Indien bekämpft werden. Bürgerrechtler kritisieren es als zu schwach.

Neu Delhi. Die Massenproteste der indischen Bürger zeigen Wirkung: Nach monatelanger Kontroverse hat das indische Unterhaus ein Gesetz zum Kampf gegen die Korruption auf den Weg gebracht. Das Parlament in Neu Delhi stimmte am späten Dienstagabend mit einfacher Mehrheit für eine Gesetzesvorlage der Regierung. Diese sieht die Einrichtung einer unabhängigen Schiedsstelle vor, die gegen mutmaßlich korrupte Politiker und Bürokraten ermitteln soll. Ob das Gesetz in Kraft treten kann, hängt allerdings von der Zustimmung des Oberhauses ab, wo die Regierungskoalition keine Mehrheit hat. Die Abgeordneten sollen am Donnerstag darüber entscheiden. Indische Bürgerrechtler kritisieren das Gesetz als zu schwach.

+++Guru kämpft mit Hungerstreik gegen korrupte Beamte+++

Seit dem Frühjahr hatten Bürgerrechtler um den 74-jährigen Aktivisten Anna Hazare immer wieder für ein Antikorruptionsgesetz protestiert. Zeitgleich mit der Parlamentsdebatte am Dienstag begann Hazare in der Finanzmetropole Mumbai (Bombay) begleitet von mehreren Tausend Anhängern einen dreitägigen Hungerstreik, um die Abgeordneten zur Verabschiedung eines effizienten Gesetzes zu bewegen. Gesundheitliche Problemen zwangen Hazare jedoch bereits am Mittwoch, seinen Protest auf Anraten von Ärzten vorzeitig abzubrechen. Gleichzeitig kündigte er an, den Kampf für ein Ende der Korruption im Land und ein starkes Gesetz fortsetzen zu wollen.

Hazares Hauptkritikpunkt sind fehlende Kompetenzen der geplanten Antikorruptionsbehörde, unabhängig zu ermitteln. Ohne diese Kompetenz sei das Gesetz nur ein weiteres unter vielen, die sich bislang als wirkungslos herausgestellt hätten, erklärte Hazare im Internet. In dem Gesetzentwurf wird der „Zentralen Ermittlungsbehörde“ CBI die Aufgabe zur Ermittlung in Korruptionsfällen zugewiesen. Die CBI ist jedoch direkt der indischen Regierung unterstellt und nur sie kann über die Eröffnung eines Strafverfahrens entscheiden. Hazare nannte den Gesetzesentwurf in Mumbai einen „Betrug der Regierung am Volk“ und kündigte an, seine Anhänger würden im ganzen Land gegen die Initiative protestieren. Hazares Lokpal-Kritik wird von der größten Oppositionspartei, der hinduistisch-nationalistischen Bharatiya Janata Party (BJP), geteilt. „Wir wollen die Zentrale Ermittlungsbehörde von der Kontrolle durch die Regierung befreit sehen, aber dieses Gesetz bewirkt genau das Gegenteil“, zitieren indische Medien aus der Parlamentsrede von Oppositionschefin Sushma Swaraj.

Hazare, der sich in der Tradition des gewaltfreien Widerstands Mahatma Gandhis sieht, hatte die Regierung bereits im August mit einem fast zweiwöchigen Hungerstreik unter Druck gesetzt. Die Aktion hatte damals landesweit Solidaritätskundgebungen und Massenproteste gegen Korruption ausgelöst. Die Regierung von Premierminister Manmohan Singh erklärte sich daraufhin bereit, eine entsprechende Gesetzesinitiative zu starten. Im Korruptionsbericht der Organisation Transparency International wird Indien auf Platz 95 von 182 bewerteten Ländern geführt.

Mit Material von dpa/kna/dapd