Der frühere Chef des Geheimdienstes verteidigt die Verhörmethoden. Sie hätten immerhin geholfen, Terrorchef Osama Bin Laden zu finden. Uno fordert strafrechtliche Konsequenzen.

Washington. Nach der Veröffentlichung des Senatsberichts über die Folterverhöre des US-Geheimdienstes CIA haben die Vereinten Nationen strafrechtliche Konsequenzen gefordert. „Jetzt ist die Zeit zu handeln – die Verantwortlichen müssen zur Rechenschaft gezogen werden“, forderte der Uno-Sonderberichterstatter für Terrorismusbekämpfung und Menschenrechte, Ben Emmerson. Auch zahlreiche Menschenrechtsorganisationen und Politiker forderten am Mittwoch Konsequenzen. Ex-CIA-Chefs und -Agenten verteidigten dagegen ihre Verhörmethoden.

Der Senatsbericht belege, dass „systematische Verbrechen und grobe Verletzungen der internationalen Menschenrechtsgesetze“ begangen worden seien, erklärte Emmerson. Amnesty International sprach von einem „Weckruf“. Jetzt müssten die ganze Wahrheit öffentlich gemacht, die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden und den Opfern Gerechtigkeit widerfahren. Die US-Bürgerrechtsorganisation American Civil Liberties Union (ACLU) erklärte, es sei „empörend“, dass die US-Regierung „an diesen schrecklichen Verbrechen beteiligt“ gewesen sei. Die britische Organisation Cage, die sich dem Kampf gegen den „Krieg gegen den Terror“ verschrieben hat, erklärte, es gebe „klare Beweise“, die eine Strafverfolgung rechtfertigten.

Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), sagte NDR-Info, Konsequenzen sollten auch für politische Entscheidungsträger gelten. Der Grünen-Menschenrechtsexperte Tom Koenigs sagte im RBB-Inforadio, auch die Verantwortlichen der Länder, die kooperiert hätten, müssten zur Rechenschaft gezogen werden. SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann erklärte, er erwarte, dass sich die Bundesregierung für eine Strafverfolgung der Verantwortlichen einsetze.

Der Senatsbericht war am Dienstag nach langem Ringen zwischen Parlament und Geheimdiensten veröffentlicht worden. Die Öffentlichkeit erhält damit einen detaillierten Einblick, wie die CIA unter Ex-Präsident George W. Bush nach den Anschlägen vom 11. September 2001 ein weltweites System von Geheimgefängnissen aufbaute. In ihnen wurden mutmaßliche Anhänger des Terrornetzwerks al-Qaida in einem rechtsfreien Raum festgehalten und brutal verhört. Der Bericht dokumentiert, dass bei Verhören von insgesamt 119 Terrorverdächtigen brutale Methoden eingesetzt wurden, etwa Schläge, Todesdrohungen, Schlafentzug bis zu einer Woche und sogenanntes Waterboarding, bei dem Opfer das Gefühl des Ertrinkens haben. Die Haftbedingungen in CIA-Geheimgefängnissen hätten zu „Halluzinationen“ und „Versuchen der Selbstverstümmelung“ geführt.

Früherer CIA-Chef verteidigt Methoden

Der ehemalige CIA-Chef Michael Hayden verteidigte die Verhörmethoden des US-Geheimdienstes. Die Geheimdienste hätten nach dem 11. September hart gearbeitet, um weitere Angriffe auf die USA abzuwehren, sagte er dem Fernsehsender NBC. Er habe den Kongress über die harten Verhörmethoden, mit denen Terrorverdächtige befragt worden seien, nicht angelogen. Hayden war während der zweiten Amtszeit von Präsident George W. Bush CIA-Chef.

Andere ehemalige CIA-Agenten kritisierten den Bericht. Der Report enthalte „Fehler“ hinsichtlich der Fakten und Interpretation der CIA-Arbeit und widerspreche „der Realität“, erklärte eine Gruppe früherer Agenten auf der Internetseite CIASavedLives. com (Die CIA hat Leben gerettet). Das Programm habe auch geholfen, Terrorchef „Osama Bin Laden zu finden“. Die CIA-Vertreter betonten zudem, das Weiße Haus und Justizministerium seien von Beginn an eingebunden gewesen. Die Republikaner kritisierten den Bericht als einen „politischen“ Angriff auf die CIA und sprachen von einer „einseitigen“ Sichtweise.

Die Europäische Union (EU) hat die Veröffentlichung des Berichts zu den Foltervorwürfen gegen den US-Geheimdienst CIA begrüßt. Die Untersuchung des US-Senats werfe „wichtige Fragen zur Verletzung von Menschenrechten durch die US-Regierung auf“, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel. Die Untersuchung sei „ein positiver Schritt“ im Umgang mit dem umstrittenen Haft- und Verhörprogramm der CIA. Die EU verurteile generell „alle Formen der Folter und Misshandlungen“. Dies gelte auch für Anti-Terror-Ermittlungen. Die Kommissionssprecherin wollte sich aber nicht zu früheren Anschuldigungen gegen EU-Staaten äußern.

So bringt der US-Folterbericht auch Licht in die Rolle Polens in Washingtons Netz an Geheimgefängnissen. Die CIA habe mit seiner persönlichen Zustimmung auch in seinem Land „geheime Einrichtungen“ betrieben, räumte Ex-Präsident Aleksander Kwasniewski am Mittwoch im Radiosender TOK FM ein. Er habe aber seinen damaligen US-Kollegen George W. Bush 2003 im Weißen Haus gebeten, die Folter-Praxis zu stoppen, was dann auch geschehen sei. Die amtierenden politischen Verantwortlichen in Warschau hüllen sich über das dunkle Kapitel allerdings noch immer in Schweigen und verweisen auf laufende Ermittlungen.

China verbittet sich angesichts der CIA-Praktiken weitere Kritik Washingtons wegen Menschenrechtsverletzungen. „Amerika ist weder ein geeignetes Rollenmodell noch ein qualifizierter Richter für Menschenrechtsfragen in anderen Ländern, wie es vorgibt zu sein“, kommentierte die Nachrichtenagentur Xinhua.