Die USA – fremde Freunde

Freunde der Vereinigten Staaten von Amerika hatten es schon leichter. Wie hat diese große Nation, Flucht- und Sehnsuchtsort über Jahrhunderte, die Welt geprägt! 1776 war es die Unabhängigkeitserklärung, die Menschenrechte erstmals verbindlich festschrieb, im 19. Jahrhundert fanden viele europäische Freiheitskämpfer jenseits des Atlantiks Asyl, nach 1941 halfen die USA, Deutschland und Europa von Hitlers Unrechtsregime zu befreien. Ob Kultur, Wirtschaft oder Denken – „The American Way of Life“ hat die Welt, die Menschen, unser Leben beeinflusst.

Aber das Amerika nach 2001 zeigt leider noch ein anderes Gesicht, ein fratzenhaftes. In der Reaktion auf die Terroranschläge in New York und Washington haben die USA unbesonnen reagiert – der völlig überforderte Präsident George W. Bush, der kriegslüsterne Verteidigungsminister Donald Rumsfeld und ein außer Kontrolle geratener Geheimdienst. Der Irak-Krieg begann mit gefälschten Beweisen und endete im Chaos einer ganzen Region. Die CIA gebärdet sich wie der Geheimdienst einer finsteren Diktatur und täuschte die Politik, als seien die USA eine Bananenrepublik. Jede neue Veröffentlichung der Folterpraktiken schmerzt einen Amerikafreund. Doch auch das darf man nicht übersehen: Es spricht für die USA, dass das Gebaren der Geheimdienste nicht nur untersucht, sondern nun auch veröffentlicht wird. Nicht viele Länder sind zu dieser Transparenz und Selbstkritik fähig. Auch darf man nicht übersehen, dass sich die Vereinigten Staaten nach den Terrorangriffen in einem Kriegszustand wähnten – das mag viele Verfehlungen und auch Verbrechen erklären. Zu rechtfertigen sind sie nicht.

Längst geht es um Glaubwürdigkeit und Ansehen eines ganzen Landes in der Welt. Die Terroristen vom 11. September 2001, die nichts so hassten wie Freiheit, Menschenrechte und westliche Werte, haben mehr zerstört als die Zwillingstürme von New York: Sie haben erreicht, dass Teile der USA begonnen haben, die Freiheit, Menschenrechte und westlichen Werte zu verraten. Dieser Schaden wiegt schwerer. Und er wird länger währen.