Wenige Tage vor Beginn des G20-Gipfels in Brisbane hat die russische Marine vier Kriegsschiffe an die australische Nordküste verlegt. In Down Under ist die verstärkte Präsenz auch angesichts der MH17-Aufklärung ein Aufreger.

Brisbane/New York. Muskelspiele vor dem G20-Gipfel: In einer neuen Machtdemonstration hat Russland vier Kriegsschiffe seiner Pazifikflotte vor die Nordküste Australiens verlegt. Die australische Navy beobachte die Lage, teilte das Verteidigungsministerium in Canberra mit.

„Müssen wir uns Sorgen machen?“, fragten in Brisbane Moderatoren in Fernsehsendungen, in denen die ungewöhnliche russische Präsenz am Donnerstag Spitzenthema war.

In der Küstenstadt Brisbane beginnt an diesem Sonnabend das Treffen der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20). Auch Kremlchef Wladimir Putin wird bei dem zweitägigen Gipfel erwartet.

Die russischen Schiffe kreuzten außerhalb des australischen Hoheitsgebiets. „Die Bewegung dieser Schiffe steht völlig im Einklang mit den Vorschriften der internationalen Gesetze, wonach sich Militärschiffe in internationalen Gewässern frei bewegen können“, teilte Außenministerin Julie Bishop mit. Es sei nicht das erste Mal, dass Russland bei Gipfeltreffen mit seiner Marine präsent sei.

Nach ihrer Einschätzung befragt, ob es sich um eine Machtdemonstration Russlands handle, sagte sie, Russland sei ein „bedeutendes Land mit einer bedeutenden Marine“. Das käme der Überlegung gleich, ob auch die USA „Macht demonstrieren, wenn sie im Pazifik sind“.

Russland unterhält derzeit wegen des Abschusses einer malaysischen Passagiermaschine über der Ostukraine auch mit Australien schwierige Beziehungen. Unter den 298 Todesopfern von Flug MH17 waren 38 Australier. Nach ersten Erkenntnissen war die Passagiermaschine von einer Rakete getroffen worden. Die prorussischen Separatisten und Kiew machen sich gegenseitig für das Unglück verantwortlich.

Uno fürchtet kompletten Rückfall in Militärkonflikt

Die Uno fürchtet in der Ukraine-Krise einen kompletten Rückfall in einen bewaffneten Militärkonflikt. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass die Anfang September vereinbarte Waffenruhe „unaufhörlich gefährdet“ sei, sagte UN-Vizegeneralsekretär Jens Anders Toyberg-Frandzen am Mittwoch bei einer Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Er warnte vor einer Rückkehr zu „ausgewachsenen“ Kämpfen.

Als zweites Szenario benannte Toyberg-Frandzen einen „eingefrorenen Konflikt“, der den Status Quo in der Krisenregion in der Ostukraine auf Jahre oder gar Jahrzehnte zementiere. Für ebenfalls denkbar hält er drittens die Variante eines über Monate hinweg schwelenden Konflikts „mit sporadischen Kämpfen geringerer Intensität“, die sich mit heftigeren Gefechten abwechseln.

Das Treffen des Sicherheitsrats hatten die USA anberaumt, nachdem die Nato am Mittwoch über das Vordringen weiterer „russischer Kampftruppen“ in die Ukraine binnen der vergangenen zwei Tage berichtet hatte. Russland wies das zurück: Die Berichte entbehrten jeder Grundlage, erklärte das Verteidigungsministerium. Minister Sergej Schoigu warf der Nato eine „antirussische“ Stimmungsmache vor.

Danach befragt, was er von dem Treffen des Sicherheitsrats erwarte, sagte Russlands stellvertretender UN-Botschafter Alexander Pankin indes in New York: „Nichts.“ Dem Gremium warf er anschließend „Propaganda“ vor. Es war das 26. Treffen des UN-Sicherheitsrats zur Ukraine-Krise.

Die UN-Botschafterin der USA, Samantha Power, warf Russland vor, „vom Frieden zu reden“ und gleichzeitig „einen Krieg anzuheizen“. Die US-Außenamtssprecherin Jen Psaki erklärte die Bereitschaft der USA, bestehende Sanktionen gegen Russland auszuweiten. Moskau wird insbesondere vorgeworfen, die prorussischen Separatisten in der Ostukraine mit Waffen und Kämpfern zu versorgen. Trotz der Anfang September beschlossenen Waffenruhe kommt es in dem Gebiet immer wieder zu schweren Kämpfen mit Regierungstruppen.