Die Terrormiliz Islamischer Staat hat in einer Großoffensive strategisch wichtige Punkte Kobanes eingenommen. Die Türkei lässt 200 endlich Kämpfer über die Grenze, um den Kurden in der Stadt zu helfen.

Istanbul/Riga. Die Türkei wird nach Angaben von Präsident Recep Tayyip Erdogan zunächst 200 Peschmerga-Kämpfer aus dem Nordirak über ihr Territorium in die nordsyrische Stadt Kobane passieren lassen, um die Verteidigung Kobanes gegen die Angriffe der Terrormiliz Islamischer Staat zu unterstützen. Auf diese Zahl hätten sich die syrisch-kurdische Partei PYD – deren Kämpfer Kobane verteidigen – und die Autonomieregierung im Nordirak geeinigt, sagte Erdogan am Donnerstag bei einem Besuch in Riga.

Erdogan erneuerte seine Kritik an den US-Waffenlieferungen für die PYD. Damit unterstützten die USA eine Terrororganisation, sagte er. Das habe er US-Präsident Barack Obama in einem Telefonat vor dem Abwurf der Waffen gesagt.

Der Kampf um die syrisch-kurdische Stadt geht unvermindert weiter: IS-Kämpfer sollen am Donnerstagmorgen einen strategischen Hügel in Kobane zurückerobert haben.

Seit Beginn der US-geführten Luftangriffe gegen IS sind nach Angaben von Aktivisten mehr als 500 Menschen in Syrien ums Leben gekommen. Die meisten von ihnen seien IS-Extremisten, teilte das Syrische Beobachtungszentrum für Menschenrechte am Donnerstag mit. Die internationale Allianz fliegt seit 23. September in Syrien Luftangriffe auf Stellungen des IS. Die Kämpfe um die syrische-kurdische Stadt Kobane nahe der türkischen Grenze hielten an.

IS erobert strategisch wichtigen Hügel Tel Schair zurück

Ein Reporter der Nachrichtenagentur AP berichtete von türkischer Seite aus, es sei heftiger Schusswechsel von Maschinengewehren aus Kobane zu hören. Ein kurdischer Aktivist sagte, die IS-Kämpfer hätten am späten Mittwochabend versucht, die Stadt von drei Seiten her anzugreifen. Sie hätten aber keinen Boden gewinnen können.

Das Beobachtungszentrum meldete, IS habe bei der neuesten Großoffensive den strategish wichtigen HügelTel Schair zurückerobert und versuche, von Osten in die Stadt einzudringen. Tel Schair erlaubt einen Überblick über die Stadt, kurdische Kämpfer hatten ihn erst vor kurzem vom IS erobert. Ein stellvertretender Minister der kurdischen Regierung, Idris Nassan, bestätigte, dass die Kämpfe in Kobane anhielten.

Kampfflugzeuge der US-geführten Allianz setzten ihre Luftangriffe gegen IS fort und bombardierten ein Ölfeld im Osten Syriens, wie die Aktivisten des Beobachtungszentrums weiter berichteten. Auf die Ölquellen von Dschafra seien am Mittwochabend vier Angriffe geflogen worden. Auch ein weiteres Aktivistennetzwerk, die Örtlichen Koordinations-Komitees, meldeten die Luftangriffe in der vom IS kontrollierten ostsyrischen Provinz Dair as-Saur.

Mit Einnahmen aus den Ölfeldern finanziert der IS seine Offensiven im Irak und Syrien. Die von der Terrormiliz eroberten Ölfelder werden deshalb häufig von der US-geführten Anti-IS-Koalition angegriffen.

Die US-Kommandozentrale teilte vor kurzem mit, seit Beginn der Offensive gegen den IS Mitte September seien 135 Luftangriffe geflogen worden. Von den insgesamt gezählten 553 Toten waren nach Angaben der Beobachtungszentrum 32 Zivilisten, darunter sechs Kinder und fünf Frauen.

Viele der getöteten IS-Kämpfer fielen demnach in und um Kobane. Die Terrormiliz nahm Dutzende kurdische Dörfer in der Umgebung von Kobane ein und trieb mehr als 200 000 Menschen zur Flucht in die Türkei.