Die Verteidiger Kobanes werden aus der Luft außerdem mit medizinischen Hilfsgütern versorgt. Zuvor hatten die einheimischen Kämpfer die Terrormiliz IS weiter aus der syrischen Stadt zurückgedrängt.

Kobane/Washington/Istanbul/Beirut. Das US-Militär hat erstmals Waffen für kurdische Kämpfer im von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) bedrängten Kobane abgeworfen. Auf gleiche Weise seien die Verteidiger der nordsyrischen Stadt mit medizinischen Bedarfsgütern versorgt worden, teilte das US-Zentralkommando in der Nacht zum Montag mit. Ziel der Aktion sei, die Kurden zu anhaltendem Widerstand gegen die Dschihadisten zu befähigen.

An dem Einsatz waren drei US-Frachtmaschinen vom Typ C-130 beteiligt, wie ranghohe Regierungsvertreter später bei einer Telefonkonferenz bekanntgaben. Die Transportflugzeuge warfen demnach 27 Bündel mit Handfeuerwaffen, Munition und Medizin ab. Bereitgestellt wurden die Lieferungen laut dem Zentralkommando von kurdischen Behörden im Irak.

Zwar werde der Ablauf der Aktion noch geprüft, sagte ein Vertreter des Weißen Hauses. Doch habe das Gros der für die Kurden bestimmten Lieferungen ihr Ziel erreicht, fügte er hinzu. Bei den Flügen über syrischem Luftraum habe es keine Bodenattacken auf die Frachtmaschinen gegeben.

Die syrischen Kurden bestätigten inzwischen die Versorgung durch das US-Militär. Der Sprecher der Volksschutzeinheiten, Boulat Jan, sagte nach Angaben der kurdischen Agentur Welati: „Eine große Menge Waffen und Munition hat Kobane erreicht.“

„Ohne Zweifel wird die Ankunft der Waffen den Verlauf des Kampfes verändern“, sagte Rami Abdel Rahman, der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte, am Montag. Geliefert worden seien leichte und mittelschwere Waffen, Maschinengewehre, panzerbrechende Waffen, Munition und medizinische Hilfsgüter.

Konfrontation zur Türkei

Mit der Hilfsaktion aus der Luft gehen die USA auf Konfrontationskurs zur Türkei, die sich scharf gegen US-Waffenlieferungen an die Kurden ausgesprochen hatte.

Sein Land würde einem solchen Schritt nicht zustimmen, zitierte die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Sonntag. Die Kämpfer seien gleichzusetzen mit der kurdischen Arbeiterpartei PKK in der Türkei, sagte Erdogan demnach. Die Türkei stuft die PKK als Terrororganisation ein.

Zuvor hatten Beamte in Washington erklärt, dass die USA im Ringen um Kobane bereits Geheimdienstinformationen mit den kurdischen Kämpfern teilten. Auch Waffenlieferungen schlossen sie nicht aus.

Seit Wochen fliegt die US-geführte Koalition in und rund um Kobane Luftangriffe auf IS-Stellungen. Laut dem Zentralkommando in Florida gab es allein in der Nacht zum Sonntag elf solcher Angriffe in der Gegend. Die Zahl der Luftangriffe im Kampf um Kobane stieg damit auf mehr als 135.

Es gebe Anzeichen, dass diese Militäraktionen in Kombination mit dem anhaltenden Widerstand am Boden den Vormarsch der IS-Miliz in die Stadt gebremst hätten, hieß es. Zudem seien Hunderte IS-Kämpfer getötet und große Teile des Militärgeräts sowie Stellungen der Dschihadisten entweder zerstört oder beschädigt worden.

Bei heftigen Gefechten bis zum Sonntagmorgen seien Truppen der kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) in das vom IS besetzten Viertel Kani Araban im Osten der Stadt vorgedrungen, berichtete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte.

Im Kampf gegen IS hatten die USA zuvor die Komplettierung der irakischen Regierung als wichtigen Schritt zur Wiederherstellung der Stabilität im Land bezeichnet. Das irakische Parlament hatte Chaled al-Obeidi als Verteidigungsminister und Mohammed al-Ghaban als Innenminister bestätigt. Der seit Anfang September amtierende Ministerpräsident Haidar al-Abadi hatte zunächst ein Kabinett ohne die beiden wichtigen Posten vorgestellt. Der Grund dafür waren Streitigkeiten im Parlament über deren Besetzung. Der seit den Wahlen im Frühjahr andauernde Machtkampf in der Hauptstadt Bagdad hatte letztlich auch den IS-Vormarsch in weite Teile des Landes begünstigt.

„Mehr direkte Treffer gegen IS-Stellungen“

In Syrien geriet die Eroberung der kurdischen Enklave Kobane an der Grenze zur Türkei durch IS-Dschihadisten ins Stocken. Die internationale Koalition und kurdische Einheiten konnten IS-Kämpfer weiter aus eroberten Gebieten im Osten Kobanes zurückdrängen. „Es gab in der vergangenen Woche enge Absprachen zwischen beiden Seiten“, sagte Rami Abdel Rahman, der Leiter der syrischen Beobachtungsstelle. „Die Koalition war so in der Lage, mehr direkte Treffer gegen IS-Stellungen in Kobane zu landen.“ Am Sonntagmorgen seien sechs Luftschläge gegen IS-Stellungen östlich und westlich von Kobane erfolgt. Die Dschihadisten belagern die Enklave seit knapp fünf Wochen.

Im Irak starben nur einen Tag nach der Komplettierung der Regierung bei einem Selbstmordanschlag nahe Tikrit elf Menschen. Nach Angaben der unabhängigen Nachrichtenseite „Al-Sumaria News“ hatten Selbstmordattentäter eine Versammlung von Sicherheitskräften in einem Dorf in der Provinz Salaheddin angegriffen. Dabei sei auch der örtliche Polizeichef getötet worden. In den vergangenen Tagen hätten irakische Truppen mit Luftunterstützung der internationalen Koalition vermehrt IS-Stellungen in der Umgebung angegriffen.