Präsident kündigt US-Luftangriffe auch in Syrien an. Steinmeier lehnt deutsche Beteiligung ab. Russland warnt vor „Akt der Aggression“

Washington/Berlin. Die USA trommeln nach der Kampfansage von Präsident Barack Obama an die militante Islamisten-Miliz IS eine Koalition internationaler Mitstreiter zusammen. US-Außenminister John Kerry traf am Donnerstag in Saudi-Arabien ein, wo er die Regionalmacht und andere Staaten der Region für ein Bündnis gegen die Extremisten gewinnen wollte. In Deutschland signalisierten Unionspolitiker Unterstützung.

In einer zur besten Fernsehzeit live übertragenen 13-minütigen Rede hatte Obama am Mittwochabend seine Strategie zur Bekämpfung der Islamisten vorgestellt. Neben der Mobilisierung einer breiten internationalen Koalition sagte er darin auch Waffenlieferungen an die moderaten syrischen Rebellen zu. Außerdem kündigte er Luftangriffe auf syrisches Territorium an, das von der extremistischen Gruppe Islamischer Staat (IS) kontrolliert wird. Im Irak, wo die Miliz ebenfalls große Gebiete zum Teil eines von ihr ausgerufenen Kalifats erklärt hat, fliegen die Amerikaner bereits seit mehreren Wochen Luftschläge gegen die Islamisten. Saudi-Arabien sagte nach Angaben von US-Regierungsvertretern zu, Trainingslager für die moderaten syrischen Rebellen aufzubauen.

Eine direkte militärische Unterstützung der moderaten Gegner von Präsident Baschar al-Assad markiert eine Kehrtwende in Obamas bisheriger Syrien-Politik. Bislang schloss er einen solchen Schritt stets aus, da er das Risiko, dass die Waffen in falsche Hände geraten könnten, als zu hoch einstufte. Doch nach dem rasanten Aufstieg der IS und der Enthauptung von zwei US-Journalisten entschloss Obama sich nun zu einem Kurswechsel in Syrien, wo seit mehr als drei Jahren ein Aufstand gegen Assad tobt, bei dem fast 200.000 Menschen getötet wurden.

„Wenn Sie Amerika bedrohen, werden Sie keinen sicheren Hafen finden“, warnte Obama die Islamisten in seiner Rede, in der er auch die Entsendung 475 zusätzlicher US-Soldaten in den Irak ankündigte. Damit steigt die Zahl der in den Irak beorderten Soldaten auf etwa 1500. Er stellte klar, dass diese sich nicht an Kampfeinsätzen am Boden beteiligen würden. Ihre Aufgabe sei es, die irakischen und kurdischen Soldaten auszubilden und mit Ausrüstung und Geheimdienstinformationen zu versorgen. Unklar ist, ob die US-Soldaten das Training direkt in Syrien oder in anderen Ländern leiten sollen. Der „New York Times“ zufolge hat Saudi-Arabien bereits angedeutet, Standorte für die Ausbildung zur Verfügung zu stellen.

Nach Medienberichten bilden die USA bereits seit Längerem in Jordanien Mitglieder der Freien Syrischen Armee aus. Allerdings handele es sich dabei um eine verdeckte Aktion des Geheimdienstes CIA und nicht um einen offiziellen Militäreinsatz. Die CIA liefert den moderaten Rebellen zudem seit mehr als einem Jahr Waffen. Im Juni hatte Obama den Kongress bereits aufgefordert, 500 Millionen Dollar (367 Millionen Euro) zur Unterstützung der Rebellen freizugeben. Die US-Demokraten im Senat arbeiten bereits an einem Gesetzentwurf. Während die USA im Irak mit der Regierung zusammenarbeiten, ist die Lage in Syrien weitaus komplexer. Im Kampf gegen IS könnten die USA sich nicht „auf das Assad-Regime verlassen, ein Regime, das sein Volk terrorisiert, ein Regime, das niemals seine verlorene Legitimität zurückgewinnen wird“, sagte Obama. Stattdessen müsse die Opposition als „das beste Gegengewicht“ zu Extremisten wie dem Islamischen Staat gestärkt werden, während gleichzeitig weiter eine politische Lösung für den Bürgerkrieg in Syrien angestrebt werde.

Während die Führung der moderaten Rebellen von ihrem türkischen Exil aus Obamas Ankündigung von Waffenlieferung begrüßte und den Kongress in Washington aufrief, die Politik des Präsidenten so rasch wie möglich zu genehmigen, übten andere Staaten Kritik. China, das neben Russland und dem Iran zu Assads wichtigsten Unterstützern zählt, erklärte, zwar grundsätzlich alle Formen des Terrorismus abzulehnen. Gleichzeitig müsse die internationale Bekämpfung des Terrorismus aber auch das Völkerrecht respektieren sowie „die Souveränität, Unabhängigkeit und territoriale Integrität relevanter Staaten“. Die von Obama angekündigten Luftangriffe gegen die Islamisten in Syrien wären ein „Akt der Aggression“, wenn dafür kein Mandat des Uno-Sicherheitsrats vorliege. Das iranische Staatsfernsehen zitierte das Außenministerium in Teheran mit den Worten, die internationale Koalition zur Bekämpfung der IS werde von „ernsthafter Zweideutigkeit“ geprägt. So würden einige Mitglieder des Bündnisses „Terroristen im Irak und in Syrien“ finanziell und militärisch unterstützen.

Der außenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Philipp Mißfelder, sagte, sollten die USA um Hilfe bei den geplanten Luftangriffen in Syrien bitten, sei er „eindeutig der Meinung, dass wir die Amerikaner unterstützen müssen“, etwa bei der Luftraumüberwachung oder der Frage von Überflugrechten. Auch könnte sich Deutschland an US-Ausbildungseinsätzen beteiligen. Von einer Entsendung von Bodentruppen in den Irak oder nach Syrien gehe er nicht aus. Der Unions-Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags, Roderich Kiesewetter, sagte, Tornados könnten bei der Luftraumüberwachung helfen. Es könnte sinnvoll sein, die Kampfjets mit Bordkanonen oder Luft-Boden-Raketen auszustatten.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) schließt eine deutsche Beteiligung an Luftschlägen gegen die Terrormiliz IS dagegen aus. „Weder sind wir gefragt worden, das zu tun, noch werden wir das tun“, sagte er. Der SPD-Politiker warb stattdessen dafür, die militärischen Pläne der neuen internationalen Koalition gegen den IS in eine „politische Strategie“ einzubetten.