Kenias Behörden vermuten die Terrororganisation al-Schabaab hinter dem Anschlag mit 48 Toten

Nairobi. Viele der Opfer schauten gerade das WM-Spiel zwischen der Schweiz und Ecuador, als ihre Mörder aus drei Kleintransportern sprangen. Rund 50 vermummte Männer warfen Sprengsätze in die Polizeistation der kenianischen Küstenstadt Mpeketoni und stahlen Waffen aus den Ruinen des Gebäudes. Sie setzten eine Filiale der Bank Equity in Brand und attackierten zwei Hotels. Am Montagmorgen sind 48 Menschen tot. Das bestätigten Polizei und das kenianische Rote Kreuz.

Einen Tag später geht beim arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira ein Bekennerschreiben der islamistischen Al-Shabaab-Miliz aus dem benachbarten Somalia ein, die zugleich neuen Aktionen ankündigt. „Die Aussichten auf Frieden und Stabilität in Kenia sind eine ferne Fata Morgana“, heißt es unter anderem. Der aktuelle Erfolg von Terrorgruppen im Irak motiviert vermutlich Terroristen anderswo. „Sie hatten eine Flagge von al-Schabaab dabei“, sagte Benson Maisori, der stellvertretende Vorsteher des betroffenen Bezirks, „sie haben auf Somali geschrien und ,Allahu Akbar‘ gerufen.“

Zwar erwähnte der örtliche Polizeichef des Bezirks auch die Möglichkeit, dass es sich um die Tat „gewöhnlicher Krimineller“ handeln könnte oder dass die separatistische Organisation Mombasa Republican Council dahinterstecken könnte, die für eine Abspaltung der Küstenregion von Kenia kämpft. Doch alles spricht für die somalischen Terroristen: Etwa, dass sich die Angreifer im Breeze-View-Hotel ausschließlich männliche Opfer suchten. Während der Hinrichtung zwangen sie die anwesenden Frauen einem Bericht der englischen Zeitung „The Independent“ zufolge zuzuschauen – mit dem Hinweis, dass kenianische Truppen in Somalia ebenso vorgingen. Die Bluttat erinnert an die Angriffe der nigerianischen Terrorgruppe Boko Haram, die immer wieder Dörfer überfällt. Auch ihnen fielen am Montag auf einem Markt in Nigeria mindestens 15 Menschen zum Opfer.

Seit 2011 verstärkt Kenia die Streitkräfte der Afrikanischen Union in Somalia im Kampf gegen die Terrorgruppe. Al-Schabaab versucht mit Anschlägen den Abzug der Truppen herbeizubomben, was Kenias Präsident Uhuru Kenyatta kategorisch ausschließt. Der Preis ist wie schon beim Westgate-Massaker in Nairobi, als 67 Menschen in einem Einkaufszentrum getötet wurden, hoch. Augenzeugen berichteten von zahlreichen Körpern, die auf den Straßen der überwiegend von Christen bewohnten Stadt Mpeketoni liegen.

In den vergangenen Monaten wurden nach Angaben der britischen Beratungsfirma für Sicherheitsfragen Maplecroft bei Terroranschlägen in Kenia 64 Menschen getötet und 263 verletzt. Das ostafrikanische Land hatte nach Angaben der BBC zuletzt seine Sicherheitsvorkehrungen verstärkt, nachdem es Hinweise auf bevorstehende Al-Schabaab-Attacken gegeben hatte.

Mpeketoni wird zwar nur selten von ausländischen Urlaubern besucht, liegt aber an der Hauptstraße, die zum beliebten Touristenziel Lamu Island führt, wo viele Bauwerke zum Unesco-Weltkulturerbe gehören. Die kleine Insel mit ihren weißen Stränden und dem türkisblauen Meer ist in aller Welt beliebt. Dort hatten Extremisten 2011 eine Britin aus einem Hotel ins nahe liegende Somalia entführt. Ihr Mann wurde kaltblütig erschossen. Die Geisel kam erst nach sechs Monaten wieder frei. Von Mpeketoni bis nach Somalia sind es nur 130 Kilometer – eine tödliche Nähe.