Seit Monaten gibt es immer wieder Terrorakte, am Sonntag starben Dutzende Menschen bei einem Überfall. Ausländische Touristen bleiben weg

Nairobi. Seit Jahrzehnten gilt Kenia als eines der schönsten Urlaubsziele der Welt: Im Süden locken schneeweiße Strände am glasklaren Indischen Ozean, und die Nationalparks wie Tsavo, Amboseli oder Massai Mara bieten alles, wovon Safari-Fans träumen. Aber seit somalische Islamisten in der Hauptstadt Nairobi und an der Küste rund um Mombasa immer wieder Terroranschläge verüben, liegt der für die Wirtschaft des Landes so wichtige Tourismussektor am Boden. Einige britische Reiseveranstalter haben ihre Kunden bereits aus der ehemaligen Kolonie ausgeflogen, weil ihnen die Sicherheitslage zu brenzlig erschien.

„Der Branche ist es vor allem in der Küstenregion noch nie so schlecht gegangen wie derzeit“, sagt Lucy Karume, die Vorsitzende der Kenya Tourism Federation. Mittlerweile kämen 70 bis 80 Prozent weniger Urlauber als früher üblich. „Die Stornierungen haben jede Hotelgruppe durchschnittlich 80 bis 100 Millionen kenianische Schilling (660.000 bis 820.000 Euro) gekostet.“

Grund für die Absagen sind immer neue Granatenattacken unter anderem auf Bars, Märkte, Polizeistationen und Busse – bislang häufig in der Hauptstadt Nairobi. Im Mai gab es Explosionen aber auch vor einem großen Hotel nördlich von Mombasa. Hunderte Menschen sind den Anschlägen schon zum Opfer gefallen – bisher jedoch keine ausländischen Touristen. Und fast wöchentlich gibt es Berichte über neue Gewaltakte.

Für die Taten verantwortlich ist zumeist die Terrorgruppe al-Shabaab, die den Abzug der kenianischen Truppen aus dem Nachbarland Somalia fordert. Im September vergangenen Jahres hatten Kämpfer der Gruppe das beliebte Westgate-Einkaufszentrum in Nairobi gestürmt und sich dort tagelang mit Geiseln verschanzt. Es gab mindestens 67 Tote.

Solche Horrornachrichten schrecken Touristen ab. Und für Kenia ist der Einbruch der Besucherzahlen eine Katastrophe. Der Tourismussektor macht zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus und spült dem armen Land jährlich umgerechnet mehr als 820 Millionen Euro in die Kassen. Zudem arbeiteten etwa eine halbe Million Kenianer in der Tourismusindustrie, mehr als zehnmal so viele Menschen profitierten indirekt von den ausländischen Urlaubern, sagt Mike Macharia von der nationalen kenianischen Hotelvereinigung.

Bereits vor mehreren Wochen haben zahlreiche westliche Staaten ihre Reisehinweise für Kenia verschärft, darunter auch Deutschland. „In Kenia besteht die Gefahr terroristischer Anschläge. Mehrere Anschläge der jüngeren Vergangenheit und eine Reihe vereitelter Anschläge haben die entsprechende Entschlossenheit der Terroristen unter Beweis gestellt“, heißt es auf der Webseite des Auswärtigen Amtes. Großbritannien rät seinen Bürgern, einen Teil des Großraums Mombasa und einige Strände sowohl im Süden als auch im Norden gänzlich zu meiden. Die Warnungen zeigten Wirkung: Viele Urlauber stornierten ihre Reisen nach Ostafrika, viele Mitarbeiter der Branche wurden in Zwangsurlaub geschickt.

Die Managerin einer luxuriösen Safari-Lodge schaut sich bereits nach Alternativen um. „Ich denke, ich werde nach Tansania gehen“, sagt sie. „Immer mehr Touristen besuchen die Serengeti in unserem Nachbarland, denn da ist es sicherer.“ Auch in den kenianischen Nationalparks sind die Anbieter verzweifelt, denn obwohl es dort noch zu keinen Anschlägen gekommen ist, bleiben die Besucher aus.

Derweil hat die Polizei die Sicherheit in vielen Landesteilen verstärkt. So patrouillierten Sicherheitsbeamte in Zivil an den Stränden, erklärt Polizeichef Robert Kitur. Zudem gebe es bewaffnete Eskorten für Touristen, die in Mombasa landen, und scharfe Sicherheitskontrollen an den Eingängen der Hotels. Die Touristen, die sich trotz aller Hiobsbotschaften nach Kenia getraut haben, sind oft begeistert. „Wir haben unseren Trip sehr genossen“, sagt die Amerikanerin Patricia Stevens-Kopf, die mit ihrem Mann Barry mehrere Wochen auf Safari war. „Kenia hat unsere Erwartungen übertroffen, das Land ist atemberaubend schön.“